Quelle DVD Cover und Bildzitate: ZDF, Studio Hamburg Enterprises
Quelle DVD Cover und Bildzitate: ZDF, Studio Hamburg Enterprises

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alpha Alpha (1972)

Elan Film Gierke & Co im Auftrag des ZDF, Studio Hamburg Enterprises (DVD); Produktionsland: BRD;

13 Episoden á ca. 25 min; Idee, Drehbücher und Regie: Wolfang Henschel; Kamera: Helmut Meyer;

Musik und Effekte: Erich Ferstl; Redaktion: Gerd Wolf und H. P. Renfranz

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Besprechung:

Inhalt:

Die Bundesrepublik Deutschland Anfang der 70er Jahre: ein Spielball zwischen den beiden großen Machtblöcken des Kalten Krieges. Vor diesem Hintergrund wächst die Angst vor einer Selbstzerstörung der Erde. Um dies zu verhindern, hat sich „Die Organisation“ gegründet. Finanziert wird das geheime Projekt von reichen Privatleuten, Unterstützung erfährt man von den Regierungen. Ziel ist es, das Kräftegleichgewicht der Blöcke aufrecht und so den Weltfrieden zu erhalten.

 

So nimmt die Organisation verschiedenste Aufgaben wahr, etwa die Überwachung verdächtiger Politiker oder Großindustrieller, die Macht erlangen wollen. Immer wieder kommt es allerdings auch zu unerklärlichen Fällen, die eine ganz besondere Art von Agent erfordern. Können z.B. klassische Überwachungs- oder Agentenaufgaben noch allein von Delta-, Gamma-, oder Beta-Agenten erledigt werden, braucht man für die Aufklärung unerklärlicher Phänomene Alpha-Agenten. Diese sind besonders intelligent, teamfähig, entschlussfreudig, integer und loyal. Sie sind in der Lage, mit ihren kleinen Teams autark, nur unter Zuhilfenahme des Rates des Großcomputers („Schlauköpfchen“ oder „Klapperkasten“ genannt) der Organisation Entscheidungen zu fällen und so die schwierigsten Fälle zu lösen.

 

Studienrat Michael Dahlen ist so ein Alpha Alpha, der aufgrund seiner Leistungen im Privat- und Berufsleben von der Organisation geheim getestet und anschließend rekrutiert wurde. Zusammen mit seinem kleinen Team, bestehend aus einem Beta- und einem Gamma-Agenten wird er auf Telepathen, Außerirdische, verrückte Wissenschaftler, Telekineten und andere gefährliche Elemente angesetzt, die den Weltfrieden signifikant gefährden könnten....

Fazit:

Der deutsche Science Fiction Film hat tatsächlich eine größere Tradition, als so mancher von Euch denken mag. In den 20er Jahren glänzte Fritz Lang mit seinen Stummfilmen Metropolis und Die Frau im Mond, in den 30er und 40er Jahren wurde es etwas ruhiger, bis Mitte der 60er eine neue Blütezeit begann. Das Deutsche Fernsehen versuchte sich ab 1966 mit der leider viel zu kurzlebigen und längst zum Kult gewordenen Serie Raumpatrouille Orion . Vom Ende der 60er bis etwa Anfang der 80er Jahre waren es Regisseure wie Rainer Werner Fassbinder, Rainer Erler oder Wolfgang F. Henschel, die mit frischen und neuen Ideen Maßstäbe für den deutschen Film und insbesondere die Science Fiction Szene des damals geteilten Deutschland setzten. Sie befassten sich mit Themen wie Atomkraft, Menschenhandel, Gewinnsucht, Außerirdischen und Kybernetik in einer Zeit, die gerade die großen Studentenproteste hinter sich gelassen hatte und die Gründung der RAF miterlebte. Außerdem wurde die Science Fiction in jenen Tagen noch eher als ein Genre begriffen, mit dem man höchstens Kinder unterhalten könne (etwa: Das verbotene Spiel, Jan vom goldenen Stern). Dass es auch ganz anders ging, beweisen hingegen großartige Werke wie Welt am Draht, Operation Ganymed, Die Delegation, oder Plutonium.

Moment, alles zurück: schrieb ich da gerade Wolfgang Henschel? Ausgerechnet der Haus- und Hofregisseur von Ottfried Fischer („Der Bulle von Tölz“, „Pfarrer Braun“) soll in den 70er Jahren innovative SF gemacht haben? So unglaublich es klingen mag, so ist es! Mit 29 Jahren erfand der damals junge Drehbuchautor und Regisseur nämlich die leider nur eine Staffel lang ausgestrahlte Vorabendserie Alpha Alpha, die für die damalige Zeit überaus ideenreich daher kam. In den 13 25 minütigen Folgen geht es naturgemäß recht schnell zur Sache, in einer so kurzen Zeitspanne kann man eben keine langen Romane erzählen. Doch dafür kommen die Plots knackig erzählt daher und bieten, wie ich finde, auch heute noch teilweise recht guten Stoff. Ob Telepathie, Außerirdische, die Menschen als Versuchskaninchen missbrauchen, ein fehlgeschlagenes Computerexperiment oder Roboter. Kaum ein Thema der SciFi, dass Henschel nicht gestreift hätte.

Aufhänger ist „die Organisation“, eine privat finanzierte Gruppe von Menschen, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Gleichgewicht der Kräfte der Welt der 70er Jahre (also Ost- und Westblock) aufrecht zu erhalten. Zur Erreichung dieses Ziels werden Agenten verschiedener Kategorien von Delta bis Alpha eingesetzt, wobei die Alpha Agenten für die schwierigsten und unerklärlichsten Fälle zuständig sind. Michael Dahlen, hervorragend gespielt von Karl Michael Vogler, ist so ein Alpha. Zusammen mit seinem aus einer Beta-Agentin, dargestellt von Lilith Ungerer und einem Gamma (Arthur Brauss) bestehenden Team löst er die unglaublichsten Fälle mit Hirn, Herz und manchmal auch „schlagenden Argumenten“.

Karl-Michael Vogler war für viele Jahre einer der bestbeschäftigten und bekanntesten deutschen Schauspieler und für die Rolle des Alpha die absolut richtige Wahl. Er verband gutes Aussehen, Talent und Spielfreude miteinander, wobei man die Actioneinlagen sicherlich nicht mit heutigen Darbietungen vergleichen darf. Dennoch glänzt Vogler mit einem für die damalige Zeit ungewöhnlich hohem Körpereinsatz. 1961 war er durch den TV 2-Teiler „Wallenstein“ zu landesweiter Bekanntheit gelangt. Bald wurde man im Ausland auf ihn aufmerksam, so bekam er 1965 eine Rolle in der hochgelobten Abenteuer-Komödie „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“ und 1966 spielte der in dem ebenfalls bekannten Kriegsfilm „Der blaue Max“ den Hauptmann Otto Heidemann. 1970 war er wiederum in einer US Produktion, nämlich „Patton – Rebell in Uniform“ mit Karl Malden („Die Straßen von San Francisco“) zu sehen, bis er 1972 schließlich für Alpha Alpha gewonnen wurde. Bis zu seinem Tode im Jahr 2009 blieb er ein gut gebuchter und beliebter Schauspieler. Lilith Ungerer drehte mehrere Filme mit Rainer Werner Fassbinder und verstarb leider am 8. Februar 2000, während Arthur Brauss hauptsächlich als Richard Block in den ersten 36 Folgen des „Großstadtrevier“ Karriere machte, aber auch in vielen „Tatort“ Filmen zu sehen und in vielen Hörspielen zu hören war und ist. Zuletzt war er 2014 in der ARD Vorabendserie „Heiter bis tödlich: Morden im Norden“ zu sehen.

Während Alpha Alpha also mit talentierten Akteuren und Akteurinnen aufwarten konnte, mangelte es der Serie stellenweise schlicht an Zeit und Geld, wie ich finde. Mit anderen Worten wäre der Show mit einem Format von 45 min pro Folge für meine Begriffe besser gedient gewesen. Das scheint auch das Publikum so empfunden zu haben, denn leider wurde das Konzept nicht so angenommen, wie erhofft. Das ist überaus schade, denn die einzelnen Geschichten strotzen eigentlich vor guten Ideen, die allerdings aufgrund der zu kurzen Drehbücher oft nicht konsequent durchgespielt sind und apprupt enden.

Der eigentliche Drehaufwand geht für eine deutsche Vorabendserie, deren Budget nicht im geringsten mit amerikanischen vergleichbar war und ist, hingegen absolut in Ordnung. Besonders gut gefallen mir einige Ideen, wie der sprechende Computer, die Funkarmbanduhr, Gehirnsonden oder die Elektrowaffe, mit der Dahlen die Roboter in der Episode 07, „Abbilder“ ausschaltet. Natürlich erinnert die ein oder andere Idee ein wenig an das große US-Vorbild Raumschiff Enterprise und vieles davon mag für uns heute geradezu antik klingen. Anfang der 70er Jahre war, um ein Beispiel zu nennen, allerdings allein das Wort Computer schon für viele Menschen pure Science Fiction. Die auf der Rückseite der Doppel-DVD propagierten vorweggenommenen Elemente zur „späteren US-amerikanischen Erfolgsserie AKTE X – Die unheimlichen Fälle des FBI erscheinen mir zwar recht marginal und werbetaktisch konstruiert, doch Alpha Alpha ist deutsche Science Fiction, die es, wie Raumpatrouille Orion ebenfalls verdient hätte, länger zu laufen und einen Kultstatus zu erlangen. Denn dass die Show ihrer Zeit voraus war, kann ich absolut unterstreichen. Nicht zuletzt tauchen einige Ideen in dem kultigen 5-Teiler Das blaue Palais, der demnächst auch auf dieser Seite besprochen werden wird, auf.

lpha Alpha ist für mich ein Kleinod deutscher TV-Science Fiction, das in keiner gut sortierten DVD Sammlung fehlen sollte, jedenfalls nicht, wenn man sich für die SciFi des eigenen Landes interessiert. Wie immer sollten sich jüngere Leser vor Augen halten, wie alt die Serie wirklich ist. Immerhin 43 Jahre hat sie auf dem Buckel. Darüber hinaus handelt es sich um ein für das deutsche Fernsehen jener Zeit, genauer gesagt das ZDF, verwirklichtes Projekt und nicht um einen Kinofilm. Wer also heiße Schlachten im Weltraum, tolle Effekte und coole Action erwartet, wird enttäuscht. Nostalgikern oder an der Geschichte der SF Interessierten, sollte Alpha Alpha aber einige Freude bereiten.

Also, junges Fanvolk da draußen, zeigt ein wenig Mut und überredet Papa (oh, oder Mama natürlich), sich das Teil in den DVD Schrank zu stellen. Wenn er (oder sie) bezahlt, spart Ihr das Taschengeld und könnt trotzdem mit gucken, oder?

persönliche Bewertung: 4(+)/6