Quelle: Cover und Bildzitate: EuroVideo
Quelle: Cover und Bildzitate: EuroVideo

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Operation Ganymed (1977)

Pentagramma Filmproduktion GmbH  Co, Rainer Erler, Zweites Deutsches Fernsehen, EuroVideo (DVD);

Produktionsland: Bundesrepublik Deutschland; Länge: 118 Minuten

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Darsteller Team
Horst Frank als Commander Mac Regie: Rainer Erler
Dieter Laser als Don Produktion: Rainer Erler
Jürgen Prochnow als Oss Drehbuch:Rainer Erler
Uwe Friedrichsen als Steve Kamera: Wolfgang Grasshoff
Claus Theo Gärtner als Doug Schnitt: Hilwa von Boro
 Wolf Mittler als Fernsehsprecher  Musik: Eugen Thomass

Besprechung:

Inhalt:
1991: die seit sechs Monaten als verschollen geltende Operation Ganymed wird offiziell für verloren erklärt. 21 Astronauten und drei Raumschiffe, so glaubt man, seien bei dem Versuch der Erkundung des Jupitermondes Ganymed ums Leben gekommen. Die Mission galt als politisches Friedenszeichen in einer Zeit verhärteter Fronten des Kalten Krieges und setzte sich aus einer weltweit angeheuerten Crew zusammen. Nach einer Schweigeminute der NATO Vollversammlung schaltet man bei Mission Control ab. Es handelt sich jedoch um eine Fehlentscheidung, denn tatsächlich hat es die Ganymed II mit fünf Überlebenden in den Erdorbit geschafft. Die Funkapparaturen sind defekt, so hofft Commander Mac auf ein Lebenszeichen der Erdzentrale.

Als dieses nicht erfolgt und die Luftvorräte zur Neige gehen, entschließt sich der Commander zur Notevakuierung und -landung. Die erfolgt ausgerechnet in einem abgelegenen Teil der mexikanischen Wüste. Mit wenig Wasser und Proviant marschiert der kleine Trupp an der Küste entlang, bis man schließlich auf ein Dorf trifft. Glücklich über ihre Entdeckung müssen die fünf Überlebenden jedoch bald feststellen, dass der Ort verlassen ist. Wohin sie auch kommen, es gibt weder Menschen, noch Wasser. Es scheint fast, als als der Planet tot. Ist während ihrer Abwesenheit etwas Schreckliches geschehen? Hat ein Atomkrieg die Erde verwüstet? Hunger, Durst und die Hitze fordern schließlich ihren Tribut, langsam zerfällt die Gemeinschaft und die schlimmsten menschlichen Eigenschaften treten an das Licht...

 

Fazit:

Die 70er Jahren waren in der alten Bundesrepublik bezogen auf die Science Fiction eine kreative Zeit mit genialen Regisseuren. Rainer Werner Fassbinder war auf dem Weg zu internationalem Ruhm und wurde in einem Atemzug mit Stanley Kubrik genannt. Mit Welt am Draht schuf Fassbinder 1973 ein deutsches Science Fiction Meisterwerk, dass heute Kultstatus aufweist. Noch früher befasste sich allerdings Rainer Erler mit der Phantastik. Bereits 1962 erschien „Seelenwanderung“, der sich nachdenklich und nicht ohne Selbstironie mit dem Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit auseinander setzt. 1970 folgte Die Delegation, vielleicht der erste Film, der die Idee des heute so beliebten Found Footage aufnimmt und in  eine spannende Story über UFOs und Ufoverschwörungen verpackt.

 

1974 bis 1976 folgte die fünfteilige Kultserie Das blaue Palais und 1977 schließlich eines von Erlers vielleicht besten Werken: Operation Ganymed. Der Film ist im Jahr 1991 angesiedelt und erzählt von den letzten Überlebenden eines 21köpfigen Astronautenteams, die im Zuge einer wissenschaftlichen Friedensmission ausgesandt wurden, den Jupitermond Ganymed zu erforschen. Nach drei Jahren Rückweg und sechs Monaten ohne Kontakt hat die Missionskontrolle die Mission für gescheitert erklärt und die Suche nach den  drei Raumschiffen eingestellt. Dennoch hat es die Ganymed II in einen stabilen Orbit geschafft und sendet Bitten mit Instruktionsanweisungen zur Erde. Diese bleiben natürlich ungehört. So bleibt Kommandant Mac, eindringlich von Horst Frank gespielt, keine andere Wahl, als sich für eine Notlandung zu entscheiden, die ausgerechnet an der Küste der mexikanischen Wüste endet.

 

Findet sich der Zuschauer anfangs noch in den, für damalige TV-Produktionen, eindrucksvollen Sets und Kulissen einer (aus damaliger Sicht) möglichst realistisch dargestellten Ganymed II, folgt er den Protagonisten nun auf einem Todesmarsch. Dieser gemeinsame Weg mündet in einer psychologischen Studie über den Menschen an sich und sein Verhalten in Ausnahmesituationen im Besonderen. Jede der fünf Figuren hat sein Päckchen zu tragen und wird im weiteren Verlauf, teilweise mit dem Stilmittel der Rückblende, näher beleuchtet. Mac, wie oben erwähnt von Schauspiellegende Horst Frank gespielt, muss Entscheidungen treffen, die bisweilen bis ins Mark erschüttern. Don (Dieter Laser) ist die vielleicht interessanteste Figur. Er begeht immer wieder Fehler, die einigen seiner Kollegen das Leben kosten und lernt auch auf dem beschwerlichen Marsch durch die Wüste nicht wirklich etwas daraus. Oss (Jürgen Prochnow), der Sowjetrusse, betrachtet seine Mitstreiter und die Geschehnisse aus einer gewissen Distanz. Dies führt schließlich zu der folgenschweren Vermutung , dass die Überlebenden nicht auf Menschen stoßen, weil diese innerhalb der drei Jahre währenden Mission in einem Atomkrieg ausgelöscht wurde. Der labile Steve (grandios: Uwe Friedrichsen) erschlägt ihn darauf hin dem Wahnsinn nahe und wird von Mac mit einer Leuchtpistole erschossen. Schließlich ist da noch Doug (Theo Gärtner), der stets kurz davor ist, aufzugeben.

Alle zusammen ergeben eine brisante Mischung, die höchst interessante Einblicke in die Psyche des Menschen gewährt und obendrein noch Raum für politisch motivierte Kritik schafft. Denn das Gespenst des damals allgegenwärtigen Kalten Krieges schwebt immer wieder über der kleinen Gruppe und führt schließlich zur Entzweiung. Erschütternd  ist, dass die Jahre im All, die Entdeckungen auf Ganymed, der Verlust zweier weiterer Raumschiffe und schließlich die Notlandung nichts an der intimen Freundschaft der Protagonisten ändern konnte. Erst in dem Augenblick, als grundlegendste elementare Bedürfnisse wie Schutz vor der Sonne, Hunger und Durst quälend werden und die Hoffnung auf den Tiefpunkt sinkt, offenbart sich das Animalische der menschlichen Seele. Das ist äußerst eindrucksvoll und lässt mich als Zuschauer auch heute noch nachdenklich und sensibilisiert zurück.

Operation Ganymed ist für mich bis heute ein grandios gefilmtes Stück deutscher Science Fiction Geschichte mit Tiefgang, überragenden Darstellern und einer beeindruckenden Kameraführung. Lediglich die eigenwillige Musik von Eugen Thomas, mit dem Erler bereits bei Das blaue Palais und später auch bei Plutonium und Fleisch zusammenarbeitete, ist und bleibt für mich mehr als gewöhnungsbedürftig. Das Werk gehört allerdings  für mich auf jeden Fall in jede gut sortierte Science Fiction Sammlung.

persönliche Bewertung: 5/6