Die Tiefe

528 Seiten als Taschenbuch/EBook

Verlag: Heyne

ISBN: 978-3-453-41896-7

Preis: 9,99€ Printausgabe oder 8,99€ als eBook

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Lesetipp: Nick Cutter: Die Tiefe

Es gibt Romane, die sollte man definitiv nicht lesen, wenn man einen schlechten Tag hinter sich hatte. Zu dieser Sorte Belletristik gehört eindeutig Die Tiefe von Nick Cutter. Hinter diesem Pseudonym  versteckt sich, wie auch hinter dem Namen Patrick Lestewka, der kanadische Autor Craig Davidson. Er lebt zusammen mit seiner Verlobten Colleen und seinem 18 Monate alten Sohn in Nick in Toronto. "Das Camp" aus dem Jahr 2014 war sein erster großer internationaler Wurf, dem nun Die Tiefe folgte.

Bei diesem Buch handelt es sich um einen Horror-Roman mit Science Fiction Elementen, der mir als Leser sowohl inhaltlich, als auch stilistisch einiges abverlangt hat. Mit so etwas Banalem wie positiven Gefühlen oder wenigstens Tendenzen dazu hält sich dieses Werk erst gar nicht auf. Die Geschichte steht im Fokus von Tierarzt Luke Nelson, der zu einer 6000 Meter tief gelegenen Unterwasserstation nahe des Marianengrabens gerufen wird. Hier versucht sein Bruder Clayton, ein genialer, aber eiskalter Biologe, zusammen mit zwei Kollegen, ein Heilmittel gegen eine Seuche zu finden, die die Menschheit langsam aber sicher dahinrafft. Diese Krankheit ähnelt anfangs einer Demenz, entwickelt sich aber im weiteren Verlauf zu einem optischen wie symptomatischen Grauen. Dies wäre für einen Horror-Roman eigentlich bereits Thema genug, doch für Cutters tief pessimistischen Plot bildet dieses Szenario nur einen Aufhänger, um seinen Protagonisten in die Tiefen des Meeres, zur Unterwasserstation Trieste, zu locken.

Erst dort entfaltet sich das wahre Böse, dessen Herkunft am Ende leider etwas banal gerät. Die ersten etwa 150 Seiten lesen sich unglaublich spannend und wecken sowohl beim Horror- als auch bei dem SciFi-Fan in mir Spannung und Erwartung. Warum und weshalb die Trieste ausgerechnet so tief auf dem Meeresgrund gebaut werden musste, soll an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden, nur soviel: der Autor legt eine, wie ich finde, gute Begründung vor, die mit der eingangs beschriebenen Seuche korreliert. Ansonsten verliert der Schreiber dieses spannende Untergangsszenario im Folgenden leider immer mehr aus den Augen, um seinen tragischen Helden Luke und Clayton in die Abgründe ihrer Seelen zu folgen. Für meinen Geschmack gerät dies vor allem in Bezug auf Luke und im zweiten Drittel des Romans viel zu ausführlich, so dass ich mich des Öfteren schon fast von den zahlreichen Flashbacks der Hauptfigur gestört fühlte. Bisweilen ertappte ich mich sogar beim Überlesen der ein oder anderen kleineren Passage, weil ich nun endlich wissen wollte, wie es weitergeht. Nicht, dass Ausflüge in die Psyche der Protagonisten schlecht wären. Doch Cutter neigt bisweilen etwas zur Übertreibung und verbreitet seinen Horror eher mit dem Holzhammer, denn mit subtiler Eleganz. Auch das darf natürlich sein, mir wurde es nach etwa 350 Seiten dann allerdings doch etwas zu viel.

Gottseidank besinnt sich der Autor gerade noch rechtzeitig, um ein packendes, teilweise zwar vor Ekel triefendes, aber dennoch gut nachvollziehbares Ende herbeizuführen, dass zwar letztlich vorhersehbar, aber in sich konsequent bleibt und mich als Leser daher mit einem gewissen Gefühl der Befriedigung zurücklässt.

Wer von Euch also Sci-Fi-Horror mag, der hart, traurig, fies und bisweilen eklig, stellenweise sogar psychologisch ist, der wird sicherlich gut bedient. Wer es im Sinne eines Edgar Alan Poe, H. P. Lovecraft oder auch Stephen King in seinen besten Tagen allerdings eher etwas subtiler mag, wer mehr Story und weniger Horror erwartet, der könnte unter Umständen leicht enttäuscht werden. Auch fehlen etwa tiefergehende Recherchen seitens des Autors über die Tiefsee fast vollständig. Einen ökologischen Aspekt, wie in Der Schwarm von Frank Schätzing suchen wir ebenfalls vergebens. Die Tiefe will nicht mehr, als unterhaltsamen Horror mit einem Hauch SciFi bieten. Ich für meinen Teil mag den Roman jedenfalls trotz der für meinen Geschmack zu zahlreichen Längen im zweiten Drittel und fühlte mich recht gut unterhalten.

persönliche Bewertung: 3(+)/6