Hörtipp: Krieg der Welten Collectors Box

Wie viele andere klassische Science Fiction Romane hat auch H. G. Wells Krieg der Welten zahlreiche Adaptionen erfahren. Abgesehen von insgesamt neun Verfilmungen, die mehr oder weniger lose auf dem Originalstoff basieren, wurde zwischen 1988 und 1990 eine mäßig erfolgreiche TV Serie produziert. Auch John Christophers Kinderbuchreihe Die dreibeinigen Herrscher, die 1984 bis 1985 von der BBC als Jugend-Fernsehserie adaptiert wurde, basiert auf Wells Meisterwerk.

Am bekanntesten ist jedoch wohl Orson Welles Hörspielversion von 1938, die ob ihres realistisch angehauchten Untertons für eine Massenpanik sorgte, für die sich der Autor im Nachhinein öffentlich entschuldigen musste. 1977 bearbeitete der WDR das Material und übertrug es mittels Voice Over-Verfahren ins Deutsche, was wiederum für zahlreiche besorgte Anrufe beim Sender sorgte. Nachdem sich dann der Hamburger Lokalsender Oldie 95 Halloween 2010 daran machte, eine weitere Version auf die Hansestadt zu übertragen, wurde es ruhig um den Krieg der Welten. Am 24. April 2017 veröffentlichte Lübbe Audio dann die Collectors Edition eines vierteiligen Hörspiels, welches für mich bisher zu den bisher besten des Jahres zählt. Die Media Bühne (unart), denen wir unter anderem auch die hervorragenden Werke „Der Elefantenmensch“, „Jack the Ripper“ und Dr. Jeckyl and Mr. Hyde zu verdanken haben, arbeitete für die Umsetzung wieder einmal mit fantastischen Sprechern zusammen. In den prominenten Rollen erleben wir unter anderem Sascha Rotermund, Andreas Fröhlich, Santiago Ziesmer, Till Hagen, Peter Kirchberger und Kerstin Dreager in Höchstform. Für Buch, Ton und Musik zeichnet Klaus Ude verantwortlich, Regie führte die Multimedial-Künstlerin Annelie Krügel, die auch für die Produktionsleitung verantwortlich zeichnet.

Selten habe ich den Stoff so gut verarbeitet erlebt, wie hier. Nicht nur die Sprecher bringen absolute Spitzenleistungen, auch das Sounddesign ist sehr gelungen und entführt mich als Hörer in die Zeit der frühen Industrialisierung in England. Krieg der Welten Die Collectors Box ist vielleicht die erste Produktion überhaupt, die sich so nah an die literarische Vorlage, wie irgend möglich, hält und diese nicht nur mit Respekt, sondern darüber hinaus mit einer gehörigen Portion Feingefühl behandelt.

Die Sounds entsprechen modernen Standards, klingen aber weder blechern, noch künstlich, oder aufgesetzt. Egal ob einfache Schritte, die Sprache der Aliens, oder Kanonenschüsse und Kampfgetümmel. Ude lässt mit seinen Klängen Bilder im Kopf entstehen, die sich mit jedem Film messen können. Das Team hat sich offenbar intensive Gedanken darüber gemacht, wie man die Geschichte einem modernen Publikum schmackhaft macht, ohne das Alter des ursprünglichen Romans zu vernachlässigen. Das trifft auch auf das Skript zu. Sowohl die Dialoge, als auch der Erzählerpart kommen zwar stellenweise angemessen „altmodisch“ daher, verleugnen aber andererseits keinesfalls, dass es sich um eine hochmoderne Hörspielproduktion handelt. Bei so manchem Hörspiel ist dieser Spagat schon misslungen, hier gelingt die Balance jedoch aufs Beste und steigert den Hörgenuss.

Das oben gesagte lässt sich ebenfalls auf die theatralische, filmreife Musikuntermalung übertragen, die sich eindeutig an ihren Filmpendants der 50er Jahre orientiert und damit den gelungenen „altertümlichen“ Look unterstreicht. Wenn es überhaupt etwas zu kritisieren gibt, dann vielleicht, dass es dem ein oder anderen manchmal etwas zu viel des Guten werden könnte, weil es quasi so gut wie keine wirklich leisen Momente über die insgesamt 276 Minuten Spieldauer gibt. Aber auch das ist natürlich, wie immer, Geschmackssache und mindert den eigentlich perfekten Gesamteindruck dieses grandiosen Hörspieles nicht. Wer also noch nicht reingehört hat, sollte dies schnellstens nachholen. Das Werk ist als 4-CD Box, oder Download erhältlich. Audible Kunden kommen natürlich auch nicht zu kurz und können sich ihre digitale Ausgabe dort als Abonnent für ein Guthaben, oder 9,95€ schnappen. Und für dieses Hammer-Teil sind schlappe zehn Euro sicherlich nicht zu tief in die Tasche gegriffen.

persönliche Bewertung: 6/6