Quelle: Cover und Szenenfotos: Ascot Elite Films, Wayfare Entertainment
Quelle: Cover und Szenenfotos: Ascot Elite Films, Wayfare Entertainment

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europa Report, Original: Europa Report (2013)

Wayfare Entertainment, Start Motion Pictures, Ventures LLC.; Produktionsland: USA; Länge: 89 min

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Darsteller Team
Anamaria Marinca als Rosa Dasque
Regie: Sebastián Cordero
Michael Nyqvist als Andrei Blok Produktion: Ben Browning, Philip Gelatt
Karolina Wydra als Katya Petrovna Drehbuch: Philip Gelatt
Daniel Wu als William Xu Kamera: Enrique Chediak
Sharlot Copley als James Corrigan
Schnitt: A. Yanes, A. Kopit, L. Sanchez, C. McCay
 Christian Camargo als Daniel Luxembourg Musik: Bear McCreary

Besprechung:

 

Inhalt:

In einer nicht allzu weit entfernten Zukunft: Rückblickend erzählt Dr. Unger, der Ceo einer privaten Raumfahrtgesellschaft, anhand von zur Erde gesendeten Bildmaterials die Geschichte eines Raumschiffes mit sechs Männern und Frauen Besatzung an Bord.

Das Schiff war auf dem Weg zu Europa, einem der Monde des Planeten Jupiter, um dort auf der Suche nach Beweisen für Leben zu landen. Anfangs noch sehr euphorisch, erzählen die Bilder die Geschichte einer hochmotivierten Crew, die zwar ihre Heimat vermisst, aber für das wissenschaftliche Ziel Opfer bereit zu bringen ist.

Die Pannen reißen allerdings nicht ab. Erst stirbt ein Crewmitglied während einer Außenbordmission im All, dann wird der vorgesehene Landeplatz um 100 km verfehlt und verfügt nur über eine relativ instabile Eisdecke. Dennoch bleibt die Mannschaft optimistisch und beginnt mit den wissenschaftlichen Analysen. Ein Bohrer dringt durch die Eisdecke vor und erreicht das Eismeer von Europa. Schnell stellt sich heraus, dass die Sonde in der ewigen Dunkelheit nicht allein zu sein scheint, doch der endgültige Beweis fehlt.

 

Der wird in einer Probe des Eises entdeckt. Doch die mit der Untersuchung beauftragte Katya Petrovna stirbt aufgrund ihrer Unvorsichtigkeit bei dem Versuch, die Proben an Bord zu bringen.

Langsam dämmert es den Überlebenden um Expeditionsleiter William Xu, dass Europa viel gefährlicher ist, als sie sich vorgestellt haben, denn zwei Astronauten sind bereits tot. Bei dem Versuch, von Europa zu starten, gibt es dann auch noch ein Unglück, das Xu das Leben kostet. Und die Raumfähre ist auf einer dünnen Eisdecke gelandet, die jeden Moment einbrechen kann...

 

Fazit:

 

Found Footage ist momentan das Zauberwort der experimentellen Regisseure. Dabei handelt es sich um eine Kameraführung im Stil einer Dokumentation oder, als sei das entsprechende Filmaterial nach einem Ereignis zufällig, zum Beispiel auf einem Handy, gefunden worden. Typische Stilmittel sind etwa verwackelte Bilder, fiktive Nachrichtensendungen oder, wie hier, fiktive Bordkameras und Black Boxes.

Neill Blomkamp setzte diesen noch recht jungen Stil bei seinem sehr erfolgreichen District 9  ein, um das Leben seines Protagonisten Wikus van de Merwe auf einer fiktiv dokumentarischen Ebene zu erläutern. Das hat eine ungeheure Wirkung. Man wird als Zuschauer quasi in die Story gezogen, hat den Endruck, an realen Ereignissen teil zu haben, was den Spannungsfaktor zu Beginn des Films stark erhöht. Die Frage ist dabei, wie weit man mit dieser Art Bilder gehen kann und wann diese drohen, ihre Wirkung zu verlieren. In District 9 zum Beispiel änderte Blomkamp aus dramaturgischen Gründen den Stil, was dem Streifen in dieser Phase sehr gut tut.

 

Was bei Bloomkamp noch akzentuiert eingesetzt wurde, treibt Sebastián Cordero in Europa Report allerdings gekonnt auf die Spitze. Über 90% des Film sind im Found Footage Stil gedreht. Dem Zuschauer wird der Eindruck vermittelt, er würde sich Aufnahmen von Bordkameras eines Raumschiffes anschauen, dass zur wissenschaftlichen Erforschung des Jupiter Mondes Europa mit sechs Männern und Frauen als Besatzung ausgesandt wurde.

 

Cordero ist dabei unglaublich konsequent. Er lässt seine Erzählerfigur, Dr. Unger, rückblickend auf die Ereignisse schauen. Dabei wird Filmmaterial eingeblendet, dass glatt als echtes Aufzeichnungsmaterial einer Raumfähre durchgehen könnte. So sieht man etwa Beschriftungen wie „Cockpit Camera B“ am rechten oberen Rand, oder ganze Displays und HUDS als Kamerahelme. Das alles wirkt sehr authentisch und so gelingt es dem ecuadorianischen Regisseur, den Zuschauer tief in die Handlung zu ziehen. Einige Filmfreunde mögen den Anfang des Films vielleicht als langatmig ansehen, ich finde es aber brillant, wie die tragischen Helden der Geschichte vorgestellt werden. Ihr Leben an Bord des Raumschiffes, die klaustrophibische Enge, ihre Gefühle, das Heimweh, die wissenschaftliche Neugier, all das lässt Cordero seine Schauspieler ausleben.

Die sind im übrigen hervorragend gewählt und keine ganz Unbekannten. Christian Camargo wirkte etwa in der Twilight Saga mit, Michael Nyquist in Mission Impossible – Ghost Patrol und Sharlto Copley kennen wir natürlich als Vikus van der Merwe aus Bloomkamps Film. Alle Schauspieler machen ihre Sache sehr gut und überzeugen mich auf ganzer Linie. Man kann sich gut vorstellen, dass junge Wissenschaftler auf so einer Mission in eine Art Übereifer verfallen, der auch vor dem Tod eines Kollegen nicht halt macht und letztlich dazu führt, dass alle sterben.

Das Drehbuch halte ich ebenfalls für sehr gelungen. Die Möglichkeit, dass in unserem Sonnensystem weiteres Leben existieren könnte, wird in der Wissenschaft schon länger diskutiert und es wurde Zeit, dass sich mal ein SciFi Film dieses Themas annimmt, ohne in den "Weltvernichtungsmodus" zu verfallen. Hier ist es ein völlig eigenständiges Ökosystem, dass sich im Laufe von Jahrmillionen Jahren parallel zu dem auf der Erde entwickelt hat, nur eben wesentlich höher, als sich die Helden der Geschichte ausmalen konnten.

Cordero legt wert darauf, dem Titel einen so realistischen Anstrich wie möglich zu verleihen. Das Raumschiff etwa könnte durchaus NASA Plänen entstammen und verfügt über durch Drehung einer Sektion erzeugte Schwerkraft. Das Innere des Schiffs ist ebenfalls möglichst so gestaltet, dass der Gedanke, es könne sich um SciFi handeln, nicht offensichtlich ist. Und auch, wenn sich das Autorenteam in Punkto Realismus doch einige Freiheiten ließ, ist der Gesamteindruck doch höchst beeindruckend.

 

Zum Ende hin wird Europa Report dann richtig spannend. Die quälende Frage, ob jemand überleben könnte, obwohl dem Zuschauer schon längst Böses schwant, schwebt über den Ereignissen. Damit erinnert mich der Film ein wenig an Náufragos, der mit seiner Thematik auf eine ähnliche Gefühlsebene zurückgreift.

Trick-technisch ist Europa Report für sein niedriges Budget von nur knapp 10 Millionen Dollar sehr gut gelungen. Selbstverständlich kann nicht die Qualität eines Hollywood-Blockbusters erreicht werden, doch dies ist auch gar nicht nötig. Europa Report punktet durch seine intelligente Kameraführung, die Found Footage Einstellungen, den großartigen Schauspielern und mit einem Spannungsbogen, der zwar erst zum Ende hin anzieht, es aber insgesamt sehr gut schafft, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen.

persönliche Bewertung: 5/6