Quelle: Blu Ray Cover: Twentieth Century Fox: Bildziate: offizieller Kinotrailer der Twentieth Century Fox
Quelle: Blu Ray Cover: Twentieth Century Fox: Bildziate: offizieller Kinotrailer der Twentieth Century Fox

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Another Earth, original: Another Earth (2011)

Fox Searchlight, Blu Ray: Twentieth Century Fox; Produktionsland: USA, Länge. 93 Minuten

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Darsteller Team
Brit Marling als Rhoda Williams Regie: Mike Cahill
William Mapother als John Burroughs Produktion: M. Cahill, Hunter Gray, B. Marling, N. Shumaker
Kumar Pallana als Purdeep Drehbuch: Mike Cahill, Brit Marling
Jordan Baker als Kim Williams Kamera: Mike Cahill
Robin Lord Taylor als Jeff Williams Schnitt: Mike Cahill
 Richard Berendzen als als Erzähler  Musik: Fall on your Sword

Besprechung:

 

Inhalt:

Die Abiturientin Rhoda hat das ganze Leben vor sich. Mit einer Zusage des MIT in der Tasche scheint ihr Astrophysikstudium in greifbare Nähe gerückt. Ausgelassen feiert sie diesen Anlass mit ihren Freunden. Spät abends begibt sie sich stark angetrunken zu ihrem Auto, ganz in ihren Träumen nach den Sternen versunken. Doch die Fahrt endet jäh. Sie kracht frontal in ein stehendes Auto. Bei dem Unfall kommen die schwangere Ehefrau und der Sohn des Collegeprofessors John Burroughs ums Leben. Rhoda erhält vier Jahre Jugendhaft.

Nach ihrer Freilassung kämpft die junge Frau mit ihrem Gewissen. Zu schwer lastet die Schuld auf ihren Schultern. Zunächst jobbt sie als Putzhilfe, bis sie auf die Idee kommt, sich bei Burroughs zu entschuldigen. Der Besuch verläuft jedoch anders, als geplant. Rhoda bringt es nicht über sich, dem gebrochenen Mann zu offenbaren, dass sie die Schuld an seinen Leiden trägt. Also stellt sie sich als Haushaltshilfe vor und wird tatsächlich eingestellt. Nach und nach entsteht eine zarte Beziehungen zwischen den beiden. Doch die Schuldgefühle lassen Rhoda nicht los. Denn es gibt so etwas wie Hoffnung. Seit etwa vier Jahren nähert sich ein Zwillingsplanet der Erde. Die Wissenschaft geht davon aus, dass diese „Erde 2“ nahezu mit dieser Welt identisch ist und das auf ihr dieselben Personen leben. Dies scheint sich zu bestätigen, als es der Astronomin Joan Tallis vom S.E.T.I. Institut gelingt, mit ihrem Alter Ego zu kommunizieren. Gibt es dort oben also eine andere Rhoda, die nicht dieselben schrecklichen Fehler begangen hat? Könnte „Erde 2“ ein Neuanfang bedeuten? Gequält von dieser Vorstellung bewirbt sich die Frau bei der privaten Firma UNITED SPACE VENTURES um ein Flugticket ins All – und gewinnt...

 

Fazit:In der heutigen Zeit ist es eher selten geworden, dass mich Science Fiction Filme wirklich noch berühren können. Klar, es gibt sie, diese rühmlichen Ausnahmen. Wir finden sie meist in kleinen mutigen Independent Filmen von Regisseuren, denen Bildsprache und Erzählkunst noch mehr bedeutet, als aufdringliche, am Computer generierte Brachialgewalt. Im Jahr 2011 ist Jung-Regisseur Mike Cahill ein kleines Kunstwerk namens Another Earth gelungen, dass bei mir nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Mit wenigen, dafür aber gewichtigen Dialogen und intensiver Bildsprache gelingt es, den Zuschauer auf eine Reise in die Gefühlswelt der weiblichen Hauptfigur Rhoda mitzunehmen, die von Schuld und Sühne geprägt ist.Der Plot baut auf einem Unfall auf, den die junge MIT (Massachusetts Institute of Technology ) Studentin im alkoholisierten Zustand verursachte und bei dem die Familie eines Universitätsprofessors ums Leben kommt. Nach ihrer vierjährigen Haft wird Rhoda von starken Schuldgefühlen gepeinigt. Die Vereinsamung, die ein Mensch durch so ein, auch für ihn, traumatisches Ereignis erfahren kann, erzählt Cahin überwiegend in gefühlvollen Bildern. Und die hätten kaum schöner fotografiert werden können. Ungewöhnliche Perspektiven, lange Einstellungen ohne Schnitte und ein nahezu atemberaubendes Feingefühl für Situationen prägen das Werk. So benötigen lange Passagen des Films kaum Dialoge. Rhodas Hoffnungslosigkeit, Ihr Drang, sich zu entschuldigen, wieder gut zu machen, überwältigen mich geradezu. Sie strebt nach Vergebung und scheint sie zunächst darin zu finden, bei Professor John Burroughs anonym als Putzkraft anzuheuern. Er hat sich ganz der Trauer um den Verlust ergeben. Alkohol, Unordnung und Chaos sind einem geordneten Leben mit Frau und Kind gewichen. Der Schmerz beider scheint unerträglich groß. Und doch: im Laufe der Wochen nähern sie sich einander an und verlieben sich sogar.

Damit nicht genug. Regisseur Mike Cahill, sowie Drehbuchautorin und Hautdarstellerin Brit Marling treiben die Reise ins Ich der Protagonisten noch weiter. Denn seit Jahren nähert sich ein Planet der Erde. Es stellt sich heraus, dass die Everett'sche Vielweltentheorie der Wahrheit entspricht, denn es handelt sich um ein exaktes Ebenbild der Erde. Was, wenn man von hier in eine andere, fast identische Welt entfliehen könnte? Und was, wenn man sich dort selbst begegnen würde? Hätte das Alter Ego dieselben Qualen erlitten, wie man selbst, oder einen anderen Weg beschritten? Diese Fragen werden zwar letztlich nicht beantwortet, aber aus der Erzählerperspektive ganz direkt gestellt. So vernehmen wir kurz vor Ende eine Stimme, die uns jenen philosophischen Gedankengang näher zu bringen versucht:

 

Wir haben in unserem Leben immer wieder gestaunt wie Biologen es geschafft haben,

immer kleinere Dinge zu betrachten.

Und Astronomen haben tiefer und tiefer in den nachtschwarzen Himmel gesehen,

zurück in die Vergangenheit und hinaus ins Weltall.

Aber das Geheimnisvollste von allen ist vielleicht weder das Kleinste noch das Größte,

sondern wir, wie wir sind.

Können wir uns überhaupt selbst erkennen? Und wenn ja, kennen wir uns wirklich?

Was würden wir zu uns selbst sagen?

Was würden wir von uns selbst lernen können?

Was würden wir an uns mögen, wenn wir aus uns heraustreten

und uns selbst betrachten könnten?“

 

Neben der grandiosen Drehbuch- und Kameraarbeit darf in diesem Fall die Musik von "Fall on Your Sword" nicht unerwähnt bleiben. Mit einer Mischung aus Elektrosounds und fast klassisch anmutenden Celloklängen gelingt es dem Team um Will Bates, die ohnehin tiefen Eindrücke zu verstärken. Dabei bleibt der Score stets ruhig, fast leise und passt sich dem langsamen Erzähltempo des Werks an. Selten ist mir eine Filmmusik in so bleibender Erinnerung geblieben, wie diese. Es stellt meiner Meinung nach schon einen besonderen Genuss dar, einer Musik zu folgen, die es brillant vermag, im Hintergrund zu wirken und dennoch Eindruck zu hinterlassen.

Dasselbe gilt für die grandiosen schauspielerischen Leistungen. Wie oben bereits erwähnt, tritt Brit Marling als Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin in Erscheinung. Wer könnte sich also besser in das Gefühlsleben der Figur hineinfühlen, als sie? Die Qualitäten der Jungmimin dürften spätestens nach diesem Werk unbestritten sein. Ihr emotionales Spiel vermag mich zu berühren und mitzunehmen. Es bleibt zu hoffen, dass wir noch sehr viel mehr von ihr sehen werden. Als Partner fungierte der 1965 in Louisville geborene William Mapother. Bekannt wurde er durch Nebenrollen in „Geboren am 4. Juli“, „Mission Impossible II“, oder auch durch die Mysteryserie „Lost“. Es ist schade, dass der US-Amerikaner so selten zu sehen ist. In Another Earth spielt er seinen Part hervorragend. Er schwankt zwischen verzweifelter Hoffnungslosigkeit, Aggressivität und Feingeistigkeit, einfach toll!

Another Earth ist ein klein budgetierter Film, der ohne große Spezialeffekte und Effekthascherei auskommt. Die Geschichte ist gut durchdacht, emotional und philosophisch tiefsinnig. Bildsprache, Musik und Akteure fügen sich zu einem Kunstwerk zusammen, das beim interessierten Zuschauer einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen wird. Nach meiner Auffassung hätte das Werk das Prädikat „besonders wertvoll“ verdient, denn hier wird großes Erzählkino mit kleinsten Mitteln verwirklicht. Vollkommen zurecht erhielt der Titel dafür 2011 den Alfred P. Sloan Preis und den Spezialpreis der Jury auf dem Sundance Filmfestival.

persönliche Bewertung: 6/6