Quelle: Cover und Bildzitate: Filmmuseum München
Quelle: Cover und Bildzitate: Filmmuseum München

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wunder der Schöpfung, alternativ: Our heavenly Bodies (1925)

Colonna Film GmbH, Ufa Kultufilmabteilung, DVD: Edition Filmmuseum Filmmuseum München, Produktionsland: Deutsches Reich;

Stummfilm; gedreht in schwarz/weiß, Länge: ca.

92 Minuten

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Darsteller Team
Margarete Schön Regie: Hanns Walter Kornblum
Theodor Loos Produktion: Colonna Film GmbH, Ufa Kulturfilmabteilung
Paul Bildt Drehbuch: Hanns Walter Kornblum, Ernst Krieger
Margarethe Schlegel Kamera: Hermann Boehlen, Otto von Bothmer, Max Rinck, Wera Cleve, Bodo Kuntze
Oscar Marion Friedrich Paulmann, Hans Scholz, Ewald-Matthias Schuhmacher, Friedrich Weinmann
Willy Kaiser-Heyl Musik: Ignaz Waghalter

Besprechung:

Dokufiktions sind heute unter Science Fiction Fans eine weit verbreitete Form der bildenden Unterhaltungskunst. Werke wie Space Odyssee - Mission zu den Sternen, oder neuerdings der Dreiteiler Mars setzen hier Maßstäbe. Wenig bekannt dagegen ist, dass das Konzept, Dokumentationen mit Spielszenen und sogar SciFi-Elementen zu versehen, keine Innovation unserer Tage darstellt. Am 14. September 1925 erschien in Deutschland der von der Ufa vertriebene Kulturfilm Wunder der Schöpfung von Hanns Walter Kornblum. Kornblum konnte einige Erfahrung mit der Inszenierung von Dokumentarfilmen vorweisen. 1922 hatte der Astronomiefan in Zusammenarbeit mit der Colonna-Film GmbH bereits den heute nur noch teilweise erhaltenen „Die Grundlagen der Einsteinschen Relativitätstheorie“ gedreht.

 

Der hier besprochene ungewöhnliche Film gliedert sich in sieben Akte (1. Auf dem Wege zur Wahrheit, 2. Der nächtliche Himmel, 3.  Die Fixsterne, 4. Der Flug zum Mond, 5. Der Sonne Kinder, 6. An den Toren der Unendlichkeit, 7. Werden und Vergehen im Weltraum), die sich mit den seinerzeit aktuellsten astronomischen Erkenntnissen befassen. Vor allem die Akte vier bis sieben sind für den Science Fiction Freund interessant, beginnt hier doch zunächst eine Reise durch unser Sonnensystem, die schließlich in den Tiefen des Alls mündet und uns am Ende das Entstehen und Vergehen von Sonnensystemen begreiflich zu machen sucht. Um den Zuschauer mit auf die Reise nehmen zu können, verwendet der Regisseur ein besonderes Stilmittel, dass Wunder der Schöpfung zur vielleicht allerersten Dokufikton überhaupt macht: ein mit Wissenschaftlern bemanntes Raumschiff hebt von der Erde ab, entschwebt in das Firmament und erforscht zunächst die inneren Planeten, dann den Mond, die äußeren Planeten und schließlich die Galaxie.

Um seine utopische Vision des weltraumfahrenden Forschers zu verwirklichen, setzte Kornblums Team auf die aufwendigsten Tricks, die die Filmkunst jener Tage zu bieten hatte. Nicht weniger als fünfzehn Spezialeffekt Experten, neun Kameramänner und vier Wissenschaftler arbeiteten an dem  epischen Werk mit. Verknüpft wurden Naturaufnahmen, Animationen aller Art, Spielszenen, Aufnahmen von wissenschaftlichen Dokumenten und Dokumentarszenen, Science Fiction Elemente, sowie zeitspezifisch natürlich auch biblische Bezüge. Die Mischung ist überaus gelungen und konnte den bibeltreuen Besucher der 20er Jahre ebenso zufriedenstellen, wie den Wissenschaftsenthusiasten. Selbstredend sind zahlreiche der präsentierten Erkenntnisse längst überholt. Wunder der Schöpfung ist eben ein Zeitdokument, da spielen derlei Tatsachen eine sehr untergeordnete Rolle. Der Ideenreichtum, die Liebe zum Detail und nicht zuletzt die grandiose Umsetzung sind es, die auch heute noch begeistern und den Titel auch als Stummfilm spannend und unterhaltsam machen. Die fantasievolle Darstellung des Raumschiffinneren, von Schwerelosigkeit, oder auch Planetenoberflächen (die damals nur mit – aus heutiger Sicht- äußerst schwachen Teleskopen zu sichten waren) sind schon großes Historien-Kino. Der betriebene  Aufwand  lässt das Werk in einer Qualiät erstrahlen, wie wir sie erst in den jüngsten Tagen der BBC-Dokufiktion wiederfinden.

 

Es ist ein großes Glück, dass uns das Gesamtwerk heute überhaupt noch zur Verfügung steht. Wie so oft, gestaltete sich die Rekonstruktion nicht einfach, da in der deutschen Kinemathek Berlin nur noch 497 Meter Film mit deutschen Springtiteln erhalten waren.  Fündig wurde man im finnischen Filmarchiv Helsinki, in dem 1714 Meter einer zeitgenössischen eingefärbten Nitro-Positivkopie mit finnischen Zwischentiteln lagerten. Die fehlenden deutschen Zwischentitel konnten schließlich in einer deutschen Zensurkarte im schwedischen Filmarchiv entdeckt und nachträglich eingefügt werden, so dass der Titel heute fast vollständig vorliegt.

 

Wunder der Schöpfung ist nicht nur als historisches Kulturgut zu sehen, sondern stellt außerdem ein Meilenstein der deutschen Filmkunst der expressionistischen Ära dar. Der Film ist gleichermaßen ein Fest für Freunde der deutschen Filmgeschichte, als auch für Science Fiction Fans. Die Anschaffung der DVD des Filmmuseum München aus der Edition Filmmuseum sei also an dieser Stelle wärmstens empfohlen.

persönliche Bewertung: 5/6