Roman, 465 Seiten

ISBN: 978-3-946820-07-9

Verlag: Hybrid Verlag

Preis: 12,90€

bisher noch keine eBook Veröffentlichung

bisher keine Hörbuch-Veröffentlichung

Webseite: http://hybridverlag.de/

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Lesetipp: Sylvia Kaml: Predyl - Eine neue Welt

 

Der Name Sylvia Kaml dürfte den aufmerksamen Lesern unter Euch bereits aufgrund meiner Besprechungen zu den Grauzone Erde Romanen ein Begriff sein. Band eins der Trilogie wurde immerhin Ende letzten Jahres zur meist angeklickten Buchrezension 2016 auf Greatscifi.de gekürt. Nun hat die aus Mühlheim stammende Autorin gemeinsam mit dem Hybrid Verlag ihr neuestes Werk: Predyl – Eine neue Welt vorgelegt.

Auf rund 465 Seiten wird die Geschichte der jungen Luna erzählt. Sie ist eine der Nachfahrinnen einer Gruppe Siedler, die rund dreihundert Jahre zuvor auf einem fernen Mond gelandet waren, um sich dort niederzulassen. In dieser Zeit schufen sich die Menschen mit ihrer Stadt NEUMOND ein kleines Paradies – auf Kosten der PREDYLER genannten Ureinwohner. Doch eines Tages lassen sich die echsenartigen Wesen nicht länger unterdrücken. Sie zetteln einen Aufstand an, der sich schnell zu einen Krieg ausweitet und den die Menschheit nicht gewinnen kann. Denn auch, wenn die PREDYLER ihren Widersachern technologisch weit unterlegen sind, so ist ihr Nachschub an Soldaten doch nahezu unerschöpflich. Die Reihen der einstigen Unterdrücker lichten sich hingegen zusehends. Eines Tages ist es schließlich so weit und NEUMOND fällt. Luna, die im Krieg bereits ihre Eltern und Großeltern verloren hat, bleibt nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu ergeben und auf die Gnade der Sieger zu hoffen. Doch bald schon wird klar, dass die letzten überlebenden Menschen kein Mitgefühl zu erwarten haben. Lediglich der PREDYLER Biran, den Luna seit ihrer Jugend kennt, ist ein Stern der Hoffnung am brennenden Firmament. Gemeinsam macht sich das ungleiche Paar schließlich auf einen langen, gemeinsamen Weg, immer danach bestrebt, endlich Frieden zwischen den Spezies zu stiften...

Bereits aus dieser kurzen Übersicht wird hoffentlich deutlich, dass Predyl – eine neue Welt nicht nur eine simple Abenteuergeschichte im dystopischen Gewand darstellt, sondern darüber hinaus sozial überaus engagiert geschrieben wurde. Die Geschehnisse auf dem kleinen Mond lassen sich sehr leicht auf die aktuelle weltpolitische Lage übertragen. Dabei schafft es Kaml gottseidank, ihre Kritik ohne erhobenen Zeigefinger an den Mann, oder   - besser vielleicht - an die Frau zu bringen. Denn der Schriftstellerin ist hier ein Kunststück gelungen, das in der Fantasy zwar bereits seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, im Science Fiction Genre aber leider immer noch viel zu selten vorkommt: einen Roman von einer Frau, vornehmlich FÜR Frauen verfasst zu haben. Um das einmal klar zu stellen: ich finde es fantastisch, Lunas Geschichte zu folgen, die sich vom zwölften bis zum dreißigsten Lebensjahr der Protagonistin erstreckt, ohne dabei unnötig brutal und blutig daher zu kommen. Im Fokus steht dabei voll und ganz Lunas Erleben, ihr Erwachsenwerden in der schwersten aller Zeiten und die Freundschaft zu Biran, der äußerlich so anders ist, als sie.

Dabei vergisst die Autorin auch die Hintergründe nicht. Die Kultur der PREDYLER wird im Verlauf des Buchs ebenso näher beleuchtet, wie das schreckliche Nachbeben des verlorenen Krieges für die wenigen noch lebenden Menschen. Anhand der Figur Lionel, Lunas Bruder, zeichnet Kaml beispielsweise das Bild eines jungen Mannes, der einst ein Dichter und Denker war und den seine Erlebnisse zu einem hartgesottenen Krieger mutieren ließen. Ihm stellt sie den Antagonisten Avrael gegenüber, einen einst sanftmütigen PREDYLER, der von Menschen gequält und gefoltert wurde und nun grausame Rache übt. Anhand dieser Charakterstudien kann sich der Leser leicht in die Gefühlswelt derjenigen versetzen, die in ihren Ländern seit Jahren Krieg und Terror ausgesetzt sind.

Das alles macht Preydl – eine neue Welt für mich zu einer  lesenswerten Geschichte, die darüber hinaus flott und ansprechend erzählt ist. Als einzigen Kritikpunkt möchte ich die Wahl der Erzähl-Zeit anführen. Lunas Abenteuer werden in der Gegenwart und in Ich-Form geschildert, eine Idee, die ich in diesem Fall nicht immer für ganz glücklich halte. Im Gegensatz zu den kürzlich besprochenen Red-Bänden von Linda Nagata, erstreckt sich die Berichterstattung nicht über wenige Monate, sondern eben über viele Jahre. Dieses kleine Manko kommt vor allem ganz zu Beginn der Geschichte zum Tragen, denn hier ist die Protagonisten noch ein Kind. Und obwohl sich Kaml alle Mühe gibt, fällt es ihr an dieser Stelle sichtlich schwer, die kindliche Naivität der erst Zwölfjährigen wirklich glaubwürdig zu artikulieren. Die Vergangenheitsform wäre für meinen Geschmack hier sicherlich die bessere Wahl gewesen. Abgesehen davon möchte ich das Buch aber vor allem den Leserinnen und Lesern ans Herz legen, die an einer tiefer gehenden Geschichte   mit Spannung, Herz und Gefühl interessiert sind.

persönliche Bewertung: 4(+)/6