Roman, 736 Seiten

ISBN-10: 3492060803

ISBN-13: 978-3492060806

Verlag: Piper Paperback

Preis: 16,99€

Preis: eBook: 14,99€

Piper: Das Erwachen

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Lese- und Hörtipp: Andreas Brandhorst: Das Erwachen

Andreas Brandhorst gehört ohne Frage derzeit zu den angesagtesten deutschen Science Fiction Autoren. Erst am 04. November 2017 erhielt er den Kurd-Laßwitz-Preis für seinen 2016er Roman Omni. Üblicherweise begibt sich der geneigte Leser in seinen Werken in eine weit entfernte Zukunft. Sein neuester Bestseller, Das Erwachen, bildet eine rühmliche Ausnahme und beginnt Anfang der 2030er Jahre. Axel Krohn ist Inhaber einer Computerspiele-Schmiede. Die Firma dient jedoch nur als Tarnung. Die großen Geschäfte tätigt Axel, alias AK47, als Hacker im Darknet. Eines Tages bietet ihm ein, hoch im Ranking angesiedelter, Händler einen attraktiven Deal an. Krohn sieht sich seinem Traum, eine eigene Insel zu besitzen, einen großen Schritt näher und willigt ein. Doch als er am vereinbarten Treffpunkt eintrifft, findet er nur zwei Leichen vor. Bei der Durchsuchung der Toten entdeckt Axel einen USB Stick mit wertvollem Inhalt. Als er die Daten des Sticks schließlich in seiner geheimen Wohnung auswertet, öffnet er versehentlich die Büchse der Pandora und setzt einen, „Infiltrator“ genannten, Computervirus frei, der sich innerhalb von Stunden über das gesamte Internet ausbreitet und immer mehr Bandbreite benötigt. Nach wenigen Tagen wird klar, dass „Infiltrator“ mehr als nur ein Virus ist. Das Programm lernt. Es verbessert und optimiert sich stetig und übernimmt die Kontrolle über jeden noch so kleinen Prozessor, dessen es habhaft wird. Die Folge ist das Erwachen einer Maschinen-Intelligenz, die schließlich kurz vor dem „Take off“ zur Superintelligenz steht, die die gesamte Menschheit auslöschen könnte...

 

Ich mag Geschichten, die den guten alten Cyberpunk gekonnt in die moderne Zeit transportieren. Und tatsächlich hat sich seit den 80er Jahren vielleicht kein Jahrzehnt so sehr für die Thematik einer künstlichen Superintelligenz angeboten, wie dieses. Brandhorst ist es in dem siebenhundertsechsunddreißig Seiten zählenden Werk auf geradezu epische Weise gelungen, seine monatelangen Recherchen in einer spannenden und klug geschriebenen Geschichte zu verarbeiten. Die im Roman geschilderte nahe Zukunft ist glaubwürdig und nachvollziehbar. Sie vermittelt uns den Eindruck einer Welt, wie sie wahrscheinlich in zwanzig Jahren aussehen wird. Fachausdrücke werden fließend in den Kontext eingearbeitet und vermitteln auf unterhaltsame Weise Hintergrundwissen. Dennoch diskutiert der Autor die fatalen Auswirkungen modernster Computer-Technologie, die aktuell immer noch viel zu anfällig für kriminelle Elemente ist, durchaus mit Ernst. Die größte Gefahr der Technisierung, daran lässt Brandhorst keinen Zweifel, ist und bleibt der Mensch mit all seinen Schwächen.

Eingebettet ist das Ganze in einen mitreißenden Thriller, der das Geschehen auf insgesamt drei Ebenen beleuchtet. Während die einen versuchen, die „Goliath“ genannte, Maschinen-Intelligenz abzuschalten, um so den Supergau für die Menschheit zu verhindern, verfolgen andere Figuren ganz eigene, egoistische Ziele. Die Unfähigkeit des Menschen, aus seinen Fehlern zu lernen, ist dabei eines der weiteren interessanten Motive, denen sich der Roman auf erfrischende Art und Weise widmet.

 

Das Erwachen hat alles, was ich mir von einem spannenden SciFi-Thriller erwarte: ein detailliert recherchiertes Thema, tolle Haupt- und Nebenfiguren, einen fesselnden Verschwörungsplot mit Tiefe, der manche Überraschung bietet und ein cooles Ende. Die gelungene Mischung aus Unterhaltung, Wissensvermittlung und immer wieder anklingender psychologisch-philosophischer Ansätze, unterhält nicht nur von der ersten Seite an –  Andreas Brandhorst gibt mir als Leser das Gefühl, ernst genommen zu werden.

persönliche Bewertung: 6/6