Bildquelle: Cover und Bildzitate: ostalgica
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Ikarie XB 1, U.S. Version: Voyage to the End of the Universe (1963)

Filmovê studio Barrandov, DVD Version: ostalgica; gedreht in Schwarz-Weiß

Produktionsland: Tchechoslowakei (CSSR); Länge: 73 Minuten

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Darsteller Team
Zdenêk Stêpánek als Kapitän Vladimir Abajev Regie: Jinrich Polák
Radovan Lukavsky als Commander MacDonald Produktion: Rudolph Wohl
Dana Medriká als Nina Kirova Drehbuch: Jinrich Polák, Pavel Jurácek
Irena Kacirková als Brigitta Kamera: Jan Kalis
Frantisek Smolik als Anthony Hopkins Schnitt: Josef Dobrichovsky
 Otto Lakovic als Michal   Musik: Zdenêk Liska

Besprechung:

Inhalt:

Wir schreiben das 22. Jahrhundert: die Menschheit lebt auf einer friedvollen Erde vereint und strebt Wissen und Forschung an. So bricht die Ikarie XB 1 nach sechs Jahren Bauzeit mit einem revolutionären Antrieb ausgestattet Richtung Alpha Centauri auf. Hier glaubt die Wissenschaft auf zwei Welten Leben entdeckt zu haben. Die Reise soll insgesamt 15 Jahre dauern, während aufgrund der Zeitdilatation für die Mannschaft nur knapp 28 Monate vergehen wird. Kurz bevor man das Sonnensystem verlässt, verabschiedet sich die Crew von den Lieben daheim.

 

Nun brechen Monate der Routine und Eintönigkeit, der Einsamkeit und Sehnsucht nach zu Hause an. Andererseits kommt man sich näher, schließt Freundschaften, verbringt seine Freizeit miteinander und verliebt sich sogar. Alles scheint nach Plan zu laufen, bis die Ikarie mitten im Raum ein treibendes Raumschiff entdeckt. Kapitän Vladimir Abajev und der erste Wissenschaftler Anthony Hopkins schicken ein Zweimann Team, um das Wrack zu erkunden. Als die beiden Astronauten an Bord gehen stellt sich heraus, dass es sich um ein mehr als 100 Jahre altes Erdenschiff handelt, dass eine gefährliche Fracht geladen hat...

 

Fazit:Nachdem ich in den letzten eineinhalb Jahren nach und nach eine Reihe osteuropäischer Science Fiction Klassiker jenseits von Solaris und Stalker vorgestellt habe, werde ich diese Greatscifi.de Traditon heute mit Ikarie XB 1 fortsetzen. Der gehört unter Fans dieser Sparte zum absoluten Kult. Auf den ersten Blick mag das noch nicht unbedingt verständlich sein. Technisch gesehen handelt es sich nämlich um ein sehr schlicht gehaltenes Werk, das sich visuell in etwa gleichauf mit der drei Jahre später in Deutschland entstandenen Raumpatrouille Orion befindet. Die Spezialeffekte wären für eine TV Serie durchaus ansehnlich, können aber mit der in der Sowjetunion verwendeten Technik nicht annähernd Schritt halten. Ähnlich verhält es sich mit den Kulissen und Kostümen. Als Kenner nostalgischer SF-Filme stellt man einfach fest, dass hier offenbar nur ein recht geringes Budget zur Verfügung stand. In seinem Heimatland und der damaligen DDR lief der Streifen seinerzeit allerdings  im Kino und avancierte im Laufe der Jahre, wie oben erwähnt, zu einem Kultfilm.

Das liegt zum einen sicherlich an den eindrucksvollen Schwarz-Weiß Bildern. Die sind oftmals so gut ausgeleuchtet, dass ein interessantes Licht-Schattenspiel entsteht, das eine geheimnisvolle Atmosphäre auf den Bildschirm zaubert. Diese wird  von der sehr experimentellen, ein wenig an den Score  aus Alarm im Weltall erinnernde, Musik unterstützt. Komponiert wurde sie von Zdenêk Liska, der zu mehr als 160 Filmen und TV Produktionen seine Musik beisteuerte (u.a. auch Odysseus und die Sterne) und 1965 mit dem Deutschen Filmpreis für die Beste Filmmusik zu „Das Haus in der Karpfengasse“ ausgezeichnet wurde. Kameraführung, Beleuchtung und Musik gehen eine interessante Symbiose ein, die vielen von Euch vielleicht nicht zusagen könnte, nichts desto trotz aber doch genauso sehenswert ist, wie die schauspielerischen Leistungen.

Die 40köpfige Besatzung der Ikarie (das Wort stammt übrigens aus der griechischen Mythologie und hängt mit der Geschichte von Ikarus zusammen, dessen Flügel verbrannten ,weil er der Sonne zu nah kam) wartet zunächst einmal mit einigen Überraschungen auf. Es befindet sich eine bunte Mischung aller möglichen Nationalitäten, sowie gemischten Alters und Geschlechts an Bord. So sind Kapitän Abajev (Zdenêk Stêpánek) und der erste Offizier, Commander MacDonald (Radovan Lukavsky), etwa ein Russe und ein Amerikaner mittleren Alters, während der Wissenschaftsoffizier Anthony Hopkins (Frantisek Smolik) noch einige Jahre mehr auf dem Buckel hat. Die weiteren Brückenoffiziere sind zwischen 20 und 40 Jahre alt und tragen Namen wie Michal, Marcel Bernard, Erik Svenson, Brigitta oder Eva. So wird gleich zu Beginn des Films recht deutlich, dass die Menschheit im 22. Jahrhundert vereint ist und Kriege, sowie Ressentiments hinter sich gelassen hat. Das lässt Erinnerungen an die Belegschaft des Raumschiff Enterprise aufkommen, auch wenn wir in Ikarie XB 1 leider nur weiße Protagonisten erleben dürfen.

Diese friedvolle Vision einer Menschheit der Zukunft setzt sich in der auf Stanislav Lems Roman Gast im Weltraum basierenden Geschichte fort. Der Tenor ist und bleibt die gesamten 73 Minuten über positiver Natur. Im Gegensatz zu den meisten amerikanischen Science Fiction Filmen jener Zeit, bricht die Menschheit ins All auf, um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen...na Ihr wisst schon. Jindrich Polák interessiert sich also wenig für Action und legt den Fokus dafür lieber auf seine Figuren und die eigentliche Mission. Wir  erleben mit, wie sich Kapitän Abajev am Rande des Sonnensystems von seiner Frau verabschiedet, Mannschaftsmitglieder auf der langen Reise einander näher kommen, Freunde sich streiten und versöhnen, ihre Freizeit gestalten, oder wie das erste Kind auf der Ikarie geboren wird. All das mag auf den ersten Blick nicht spannend klingen, verleiht dem Werk aber eine Tiefe, die ich heute manchmal so schmerzlich vermisse.

 

Richtig spannend wird es, als die Ikari XB 1 auf unvorhergesehene Hindernisse trifft, die Crew und Mission ernsthaft gefährden. Doch auch in der hoffnungslosesten Situation siegen Vernunft und Freundschaft. Als der Astronaut Michal, durch die Strahlung eines Dunkelsterns dem Wahnsinn nahe, die Elektronik des Raumschiffs lahmlegt und seine Kollegen somit fast zum Tode verurteilt, ist es letztlich Vladimirs Freundschaft, die ihn zur Besinnung bringt. Obwohl Michal eine Waffe bei sich trägt und droht, Abajev zu töten, weicht ihm dieser nicht von der Seite und überredet ihn schließlich, ihm auf die Krankenstation zu folgen.

Das Ende, dass ich hier aus Spoilergründen nicht vorweg nehmen will, ist ein weiteres Plädoyer für Frieden und Völkerverständigung. Damit könnte man dem Film natürlich sozialistische Tendenzen vorwerfen. Doch wenn der Positivismus dieses Werkes Sozialismus ist, dann könnte die Welt gerade heute wohl etwas mehr davon gebrauchen. Insofern ist die Thematik aktueller denn je und hebt sich wohltuend von den ewigen terroristischen (vormals kommunistischen) Weltzerstörungsfantasien des U.S. Kinos ab und hat meiner Meinung nach allein dafür das Prädikat wertvoll verdient.

persönliche Bewertung: 4(-)/6