Quelle: DVD Cover, Copyright alle Star Trek Bilder: CBS/Paramount
Quelle: DVD Cover, Copyright alle Star Trek Bilder: CBS/Paramount

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Star Trek VII: Treffen der Generationen, Original: Star Trek: Generations (1994)

Paramount Pictures; Produktionsland: USA; Länge: 118 min

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Darsteller Team
Patric Stewart als Cpt. Jean Luc Picard Regie: David Carson
William Shatner als Cpt. James Tiberius Kirk Produktion: Rick Berma
Jonathan Frakes als Com William Riker Drehbuch: Ronald D. Moore Brannon Brag
Brent Spiner als Lt. Com. Data Kamera: John A. Alonzo
LeVar Burton als Lt. Com Geordi LaForge Schnitt: Peter E. Berger
 Michael Dorn als Lt. Com Worf   Musik: Dennis McCarthy

Besprechung:

Einleitung:

Das folgende Geschreibsel unterscheidet sich von meinen sonstigen Arbeiten etwas. Erstens: es befasst sich nicht mit Details wie Spezialeffekten oder schauspielerischer Leistung, sondern mehr mit den philosophischen Aspekten innerhalb der Figurenzeichnungen. Zweitens: es befasst sich nicht mit technischen Details wie... - o.K. - es gibt eigentlich nur erstens. Mit anderen Worten ist dies nicht, wie sonst üblich, eine Review. Insofern bildet der Artikel eine absolute und einzigartige Ausnahme auf meiner Seite. Warum ich Star Trek VII: Treffen der Generationen gewählt habe? Zum einen gehört der Streifen zu denen, die sehr selten aufgezählt werden, wenn es um die Lieblingsfilme im Franchise geht. Hier werden von den Fans meist die Teile VI, VIII und knapp dahinter II bis IV genannt. Das ist durchaus verständlich, aber auch sehr  schade. Denn kein anderer Star Trek Film hat ein so geballtes Ego-Trio zu bieten, wie dieser, kein anderer bietet sich für mich so gut an, tiefer in die Figuren einzutauchen.

 

Zum anderen wird das Thema "Philosphie in Star Trek" sehr gerne in Foren und auf Facebook diskutiert. Das ist toll und spannend, lässt aber gerne auch diejenigen außen vor, denen wir den Gesprächsstoff zu verdanken haben: die Philosophinnen und Philosophen nämlich! Ich kam also auf die blöde Idee, in einem Beispiel darzulegen, dass es Spaß machen kann, sich dem Thema auch von dieser Seite zu nähern. Was haben Soran, Kirk und Picard also mit Philosophie zu tun? Dieser Frage versuche ich, so kurz und unterhaltsam wie möglich, auf den Grund zu gehen.

Last but not least: der folgende Text setzt voraus, dass der Leser den Film kennt. Insofern könnte er für Sie/Dich/Euch/oder-wen-auch-immer- im harmlosesten Fall noch langweiliger sein, als er eh schon ist. Ihr seid gewarnt!

 

Descartes, Platon und Co in Star Trek VII

Wenn Ihr alles verloren hättet und es wiedererlangen könntet, welchen Preis wärt Ihr bereit, zu zahlen? Würdet Ihr für Euer eigenes Glück andere opfern? Das sind gute Fragen und zwei der Themen, denen sich Star Trek VII widmet. Auf der einen Seite haben wir den el Aurianer Dr. Tolian Soran, dessen Familie und sogar gesamte Kultur von den Borg ausgelöscht wurde. Das ist natürlich ein Hammer, den man nicht mal so eben verdaut. Der Nexus, ein „temporales Energieband“, bietet der geschundenen Seele nun die Möglichkeit, sein verloren geglaubtes Glück zu erneuern. Mehr noch! Er wird quasi zu eine Art Gott, der Herr seiner Wünsche und Begierden.

Wer einmal an so einem guten Bierchen genippt hat, dem dürfte es mehr als nur schwer fallen, die Finger davon zu lassen. Das „Ich“ verkommt sozusagen zu einer narzistischen Perversion seiner selbst. Ethik und Moral verblassen zugunsten einer unglaublich extremen Form des sogenannten „ethischen Egoismus“, in der es kein Über-Ich, also kein Gewissen, mehr gibt. Die Realität, das was um einen herum geschieht, spielt keine Rolle mehr. Der Nexus ist so real, wie immer man ihn haben möchte, wie Guinan Picard im Film erläutert. Dr. Sorans moralische Grundsätze verschieben sich also soweit, bis seine Egozentrik jedes Mitgefühl eliminiert hat. Es ist völlig gleichgültig, ob Millionen sterben, solange der Kerl seinen Willen bekommt. Das klingt ziemlich nach Sigmund Freud. Der war nun zwar eher Psychoanalytiker. Doch er wurde nicht nur von bekannten Philosophen wie Max Schirmer und Friedrich Nietzsche beeinflusst, sondern übte seinerseits auch großen Einfluss auf die Philosophie des 20. Jahrhunderts aus.

 

 

Ganz anders Picard und Kirk. Ihr Verhalten im Nexus könnte man ganz gut mit René Descart umschreiben. Beide befinden sich in einer Welt aus Schein und Trug, die aber ewige Glückseligkeit verspricht. Warum fallen die Captains also nicht auf die Verlockungen herein? Die Antwort ist einfach. Cogito ergo sum. Ich denke, also bin ich. Woher weiß Picard etwa, dass seine Kinder nicht real sind, seine Frau nur ein Hirngespinst? Wie können wir uns unserer selbst sicher sein, wenn wir nicht einmal sicher sein können, ob wir nur innerhalb eines Traumes existieren? Nun, wenn wir in der Lage sind, über diese Frage zu philosophieren, also zu erkennen, dann existieren wir. Der Captain lässt sich nicht einfach nur treiben. So schön die Vorstellung einer idyllischen Familie mit hässlichen und nervigen Kids auch ist. Sie entspricht einfach nicht der Erkenntnis Picards über sich selbst.

 

Letztlich reduziert sich das Verhalten der Beiden übrigens sowieso darauf, das ethisch Richtige zu tun. Sie erfassen die Lage rational und objektiv und gehen sie sowohl mit einer gesunden Portion Egoismus (also mit dem Wunsch, möglichst nicht drauf zu gehen), als auch einer „rational ethischen“ Grundeinstellung an. Das klingt komplizierter, als es ist. Die Amerikanerin russischer Abstammung Ayn Rand vertrat die Auffassung, dass Menschen ihren Verstand dazu gebrauchen sollten, das höchste Gut überhaupt, das Leben, zu schützen. Das bezieht sich zwar in erster Linie auf das Individuum, weitet sich aber auf die Gesellschaft als solche aus. Selbstverständliche Dinge wie Freiheit, Leben, Unversehrtheit sollen für Alle sein. Und wenn der Einzelne diese Werte für sich definierte und sie auf seine Umwelt übertrüge, gäbe es eine ganze Menge Probleme weniger auf der Welt. Das ist im Grunde nicht nur typisch Kirk und Picard, sondern auch Föderation. Der Staat als Institution, der das Leben, die Freiheit, das Eigentum und seine Bürger vor der Gewalt der bösen Alienvölker schützt, die gierig die Hand nach dem Paradies ausstrecken.

 

Werfen wir abschließend einen kurzen Blick auf Guinan. Ihre Erzählungen über den Nexus passen auf einen der Gefangen aus Platons Höhlengleichnis. Seit sie dort war, wurde er zur ihrer Welt. Sie nahm die Realität außerhalb des Energiebandes wie einen gefährlichen Schatten wahr, eine andere Wirklichkeit außer dieser existierte nicht. Als sie „hinausgezerrt“ wurde, kam das mehr als nur einem kleinen Kulturschock gleich. So was ist der emotionale Supergau! Die Angst und die Wut müssen unglaublich gewesen sein und der Wunsch danach, in den Schoß ihrer Fantasie zurückzukehren, unbändig. So erzählt Guinan denn auch freimütig, dass Sie alles gegeben hätte, um wieder in den Nexus zu gelangen. Sehr langsam musste sie sich an ihre neue Umwelt gewöhnen, bis sie schließlich zu der Erkenntnis gelangte, dass eine unvollkommene Realität immer noch besser ist, als ein Leben wie unter Designerdrogen. Der Traum war sozusagen ausgeträumt, eine Umkehr ausgeschlossen.

 

Wie ihr hoffentlich seht, kann man in den Figurenzeichnungen des Streifens eine ganze Menge cooles Zeug entdecken. Die Autoren haben sich große Mühe gegeben, den Charakteren Hintergrund und Substanz zu verleihen. Sicherlich bleiben sich Picard und Kirk letztlich treu. Sie tun das, was sie immer tun: das Richtige nämlich. Aber dieses Mal ist die Verlockung, vor allem für Kirk, immens. Wer ist schon bereit, das ewige Glück aufzugeben und sich für eine Realität zu opfern, die einen schon lange überlebt hat? Wer außer Kirk? So treffen hier letztlich drei Extreme aufeinander, die sich in einiger Hinsicht sogar ähneln. Alle drei Protagonisten verfügen nämlich auf ihre Art über ein Ego so groß wie der Mount Everest. Wobei Picard noch bei ca 5000 Metern herumkraxelt und Kirk bei 7500 liegen dürfte. Tolian Soran hat bereits den Gipefel erreicht. So gesehen hätte aus Kirk also ebenso eine „Doomsday Machine“ werden können, wenn man ihn sich nicht anderweitig hätte austoben lassen.

Was Ihr nun geben würdet, um Eure geheimsten Wünsche bis in alle Ewigkeit erfüllt zu bekommen, müsst Ihr selbst entscheiden. Die Frage ist eh rein rhetorisch. Wie dem auch sei. Ich mag Star Trek VII und finde, der Film ist eine Betrachtung unter den oben gezeigten Blickwinkeln wert. Ich bin beim Schreiben jedenfalls mehr als einmal überrascht worden, wie viel man aus einem Star Trek Film herausziehen kann, wenn man sich die Mühe macht.

persönliche Bewertung: 5(-)/6

Zusatzquellen

Freud, Sigmund, Das Unbehagen in der Kultur, ofd Verlag 2015, geschrieben:1930

Platon: Gesammelte Werke, idb Verlag 2016

Descartes, Renè, Betrachtungen über die Grundlagen der Philosophie, Books on Demand Verlag 2015, geschrieben: 1641

Schah, David: Ayn Rand – Ihr Leben, Lichtschlag Medien 2008

Richards, Thomas, Star Trek: Die Philosophie eines Universums, Heyne 1998