Quelle: DVD Cover und Szenenfotos entstammen der DVD von Universal
Quelle: DVD Cover und Szenenfotos entstammen der DVD von Universal

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Náufragos - Gestrandet, Original: Náufragos (2001); Universal Pictures, Niggemann Indiefilm in Zusammenarbeit

mit Dolores Film und Guerrilla Films, Produktionsland: Spanien; Länge: 95 Minuten

_____________________________________________________________________________________________________________________________________

Darsteller Team
Vincent Gallo als Systemingenieur Luca Baglioni Regie: María Lidón
José Sancho als Commander Andre Vishniac Produktion: José Magán
María Lidón als Pilotin Susana Sánche Drehbuch: Juan Miguel Aguilera
Maria de Medeiros als Doktor Jenny Johnson Kamera: Ricardo Aronovich
Joaquim de Almeida als Astrobiologe Fidel Rodrigo Schnitt: Luis de la Madrid
Danel Aser als Geologe Herbert Saga Musik: Javier Navarrete

Besprechung:

Inhalt:

Im Jahr 2020 befindet sich die erste bemannte Marsmission im Orbit des Roten Planeten. Die Mannschaft besteht aus drei Frauen und vier Männern. Sechs von ihnen begeben sich in die Landefähre Ares. Aufgrund eines unvorhergesehenen Magnetfeldes versagen die Instrumente und das Raumschiff stürzt ab. Fünf von sechs, der Ingenieur Luca Baglioni, die Pilotin Susana Sánchez, die Ärztin Jenny Johnson, der Astrobiologe Fidel Rodrigo und der Geologe Herbert Sagan überleben das Unglück unverletzt. Allen ist klar, dass es mehr als zwei Jahre dauert, bis Rettung kommen kann.

 

Da Susana nach dem verstorbenen Commander Andre Vishniac das Kommando hat, lässt sie von Luca errechnen, wie lange der Sauerstoff- und Energievorrat noch reicht. Schnell stellt sich heraus, dass nur zwei von fünf Besatzungsmitgliedern so lange überleben könnten, bis von der Erde Hilfe einträfe. Die Wahl fällt auf die Ärztin und den Ingenieur, da sie zusammen die größten Überlebenschancen in der gestrandeten Raumkapsel haben. Der Rest des Teams entscheidet sich, in die Raumanzüge zu steigen, so viel Sauerstoff wie möglich mitzunehmen und sich auf den sicheren Marsch in den Tod zu begeben.

Ausgerechnet Herbert, der am positivsten von allen gedacht und gehandelt hat, stirbt als erster. Fidel und Marìa marschieren weiter das Valles Marineris herunter um herauszufinden, was es mit einer zuvor auf dem Bildschirm entdeckten Wolkenformation am Rande des 8 Kilometer tiefen Grabens auf sich hat. Und langsam wird der Sauerstoff knapp...

 

Fazit:Naufragos ist ein Film, der Fragen aufwerfen möchte. Ohne großes Budget (zur Verfügung standen nur rund 5 Millionen Dollar) schafft es der Film nicht nur optisch glaubwürdig zu sein. Er bewegt sich auch, und das sieht der Drehbuchautor Juan Miguel Aguilera wohl als primäres Ziel, in einem philosphischen Kontext. Wie verhalten wir uns, wenn wir dem Unausweichlichen gegenüber stehen? Was sind wir bereit zu tun, um zu überleben? Und letztlich: was ist wahrer Heldenmut? Mit derartigen Fragestellungen, die geschickt in den Plot eingewoben sind ohne belehrend oder aufdringlich zu wirken, schafft es der Streifen, zum Nachdenken anzuregen.

Ich ertappte mich beim Schauen des Öfteren bei Gedankenspielen in folgender Art: wie würde ich mich verhalten, wenn ich dazu verdammt wäre, in einem Raumanzug mit ein paar Ersatzflaschen in den sicheren Tod zu marschieren, während es zwei anderen dadurch ermöglicht wird, zu überleben? Würde ich ruhig und gelassen sein wie Fidel, der seine Angst vor dem Sterben offen ausspricht. Der sich aber dennoch fast schon heldenhaft gelassen fügt und es am Ende sogar fast geschafft hätte, zu überleben? Oder wäre ich eher wie Herbert, der Luca vorwirft, die Daten in eine für ihn positive Richtung manipuliert zu haben. Wäre ich eine Person, die sich streitet, aggressiv wird, bis sie gestoppt wird? Würde ich ohne weiteres Marías Übernahme des Kommandos akzeptieren? Ja, welchen Sinn macht eine Kommanostruktur unter jenen Umständen überhaupt noch?

Dem Streifen wurde von verschiedenen Seiten Unglaubwürdigkeit vorgeworfen, weil sich die Protagonisten mehr oder weniger teilnahmslos zu fügen scheinen. Dem ist meiner Auffassung nach nicht so. Sicherlich hätten die Figuren noch tiefer herausgearbeitet werden können. Doch werden ihre Gefühle und Motive klar definiert, ohne dabei allzu sehr in die Tiefe zu gehen. Vielleicht hätte man mehr Zeit auf dieses zentrale Thema verwenden können. Doch bewegt sich ein Film wie dieser auf einem schmalen Grat. Einerseits soll dem Anspruch genüge getan werden, andererseits muss der eigentliche Plot vorangetrieben werden und der Spannungsbogen darf auch nicht zu kurz kommen.

 

Insgesamt gelingt das Naufragos trotz eniger Schwächen ganz gut. Das Ende des Film überrascht. Die ausgestorbene Marskultur dient hier nicht nur als schnödes Überraschungsmoment, sondern wirkt auf eine ganze besondere Art auf den Zuschauer ein. Ihm wird die Nutzlosigkeit der vorherigen Entscheidungen klar, die vom Ingenieur Luca vorangetrieben wurden, indem er immer wieder betonte, nur zwei könnten überleben. Er treibt mit seinem Überlebenswillen, seiner Teilnahmslosigkeit, aber auch Resignation zwei Teammitglieder in den Tod. Letztlich überlebt er am Ende aber doch, gerade weil er eine unmenschliche Entscheidung forciert hat. Hier wird die Ungerechtigkeit des Lebens deutlich. Warum überlebt das destruktivste Teammitglied, während das konstruktivste sterben muss? Eine eingehende Erkundung von zwei Expeditionsteilnehmern hätte gereicht, alle zu retten. Und das schlimme ist, dass die Zeichen eigentlich klar ersichtlich  waren. So stellen sich im Verlauf des Films zunächst als eher unwichtig wahrgenommene Details, etwa die Wolkenbildung im Valles Marineris, als entscheidend heraus. Hätte Luca nur Herbert zugehört, würde Herbert noch leben. So stimuliert der Film die Gefühlsebene geschickt die Gefühlsebene.

Sicherlich ist nicht alles perfekt. „Gestrandet“ ist keine große Hollywoodproduktion. Cast und Crew sind eher unbekannt. Es mangelt ihnen teilweise an Lebhaftigkeit und Erfahrung.  Nur María Lidón hat in Spanien einen relativ hohen Bekanntheitsgrad und spielt entsprechend routiniert. Maria de Medeiros als Doktor Jenny Johnson ist hingegen mit ihrer hölzernen Mimik eher eine Enttäuschung. Alles in allem ist Naufragos jedoch ein weiteres gutes Beispiel für einen Low Budget Indpendet Film, der viel richtig macht und neue Wege beschreitet. Den Vorwurf er sei langatmig, vermag ich jedenfalls nicht zu unterstreichen. Ich fühle mich im Großen und Ganzen gut unterhalten.

Zur Disc:

Die DVD enhält zwar reichhaltiges Bonusmaterial. Dieses besteht allerdings hauptsächlich aus wenig brauchbaren Bildergalerien zu Pressemitteilungen, der Herstellung des Films und zu den Schauspielern. Ein paar kurze Ausschnitte aus dem Studio in den USA und von Lanzerote, wo der Film gedreht wurde, werden als "Making of" deklariert, sind aber leider weit von einem "echten" Making of entfernt

Interessant ist hingegen ein Interview mit den Synchronsprechern. Man erhält einen kleinen Enblick in die Arbeit dieses so wichtigen Berufes. Die Sprecher erklären, wie sie die Stimmungen der Schauspieler einzufangen und wiederzugeben versuchen, wie mit Takes gearbeitet wird, etc. Bedenkt man, dass es sich hier um eine Indiefilm-Produktion mit sehr kleinem Budget handelt, geht der Inhalt aber dennoch völlig in Ordnung, zumal sich der Film lohnt.

persönliche Bewertung: 4(-)/6