Quelle: DVD Cover und Szenenfotos entstammen der DVD von Metro-Goldwyn-Mayer
Quelle: DVD Cover und Szenenfotos entstammen der DVD von Metro-Goldwyn-Mayer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jahr 2022...die überleben wollen, Original: Soylent Green (1973)

Metro-Goldwyn-Mayer, gefilmt in Technicolor; Produktionsland: USA; Länge: 97 min

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Darsteller Team
Charlton Heston als Detective Robert Thorn Regie: Richard Fleischer
Edward G. Robinson als Salomon Roth Produktion: Walter Seltzer, Russel Thacher
Leigh Taylor-Young als Shirl Drehbuch: Stanley R. Greenberg
Chuck Conners als Tab Fielding Kamera: Richard H. Kline
Joseph Cotten als William R. Simonson Schnitt: Samuel E. Beetley
 Brock Peters als Lt. Hatcher  Musik: Fred Myrow

Besprechung:

Inhalt:

Das Jahr 2022. Die Erde ist verseucht, die Meere abgefischt und verschmutzt. Es herrscht Überbevölkerung. In New York leben 40 Millionen Menschen, die mittels eines künstlichen Nahrungsmittels namens Soylent ernährt werden, dass es in mehreren Varianten gibt. Das neueste Produkt heißt Soylent Green und wird als hundertprozentig aus Meeresalgen hergestellt beworben. Der Dienstag wird zum Soylent Green Tag erklärt, doch treten regelmäßige Verknappungen auf, die oft in Krawallen münden.

In dieser Welt versucht der Cop Robert Thorn zu überleben, der mal als Ermittler, mal in der Aufstandsbekämpfung tätig ist. Bei ihm lebt sein "Polizeibuch" Salomon Roth, ein ehemaliger Professor und einer der wenigen Menschen, die noch lesen können. Roth treibt für Thorn die Ermittlungen in den Archiven voran und hilft dem Cop dabei, seine Quote zu halten.

 

Als eines Tages im Chelsey Westtower, ein  gut bewachtes, nur  Reichen vorbehaltenes Hochhaus in New York, ein Mord geschieht, wird Thorn als Ermittler hinzugezogen. Der Ermordete war Mitglied des Aufsichtsrates der Soylent Corporation, die nicht nur New York, sondern etwa die Hälfte der Erdbevölkerung mit Nahrung versorgt. Schnell stellt sich heraus, dass der Ermordete regelrecht hingerichtet wurde und dass es offenbar eine Gruppe von Leuten gibt, die an einer Aufklärung des Falls nicht nur nicht interessiert sind, sondern diese um jeden Preis verhindern wollen.

Thorn und Salomon geraten in ein Geflecht aus Lügen und Intrigen, die in mehreren Mordversuchen gegenüber den Cop münden. Als selbst Roberts Chef Lt. Hatcher ihn auffordert, den Fall ad acta zu legen, schürt das nur noch sein Misstrauen. Von nun an setzt der Polizist alles daran herauszufinden, warum das Aufsichtsratmitglied der mächtigen Soylent Corporation sterben musste. Als Thorn eine Studie über die Ressourcen des Meeres entdeckt und diese von Salomon gelesen wird, scheint sich ein schrecklicher Verdacht zu bestätigen, der die Grundfesten der Welt und ihrer Moralvorstellungen auf ewig erschüttern könnte...

 

Fazit:

Wir hören leicht a-melodisch klingende Jazztöne. Fotos aus den USA des ausgehenden 19.Jahrhunderts werden eingeblendet, Farmer, Tiere, Flüsse. Dann erfolgt eine Überblende, wir befinden uns in den 20er und 30er Jahren, sehen Bilder von den ersten Auto-Massenproduktionen, schwarz qualmende riesige Schlote. Langsam verändert sich die Musik, wird hektischer, die Bilder werden immer beklemmender. Wir sehen Großraumbüros, mit Menschen überfüllte Straßen, verstopfte Autobahnen. Die letzten Fotos spannen den Bogen in die Zukunft des Jahres 2022: Menschen mit Mundschutz und Gasmasken bewegen sich in durch Smog vernebelte Straßen, riesige Müllkippen, verschmutzte Gewässer. Der Zuschauer bekommt ein beklemmendes Gefühl. Dann ein Schriftzug, der den eigentlichen Film einleitet:

„The year: 2022

The Place: New York

The Population: 40000000“

Selten hat ein Film in den ersten paar Minuten so viele Emotionen bei mir erzeugt, wie „Jahr 2022 – die überleben wollen“, oder wie der Film im original heißt: „Soylent Green“. Überhaupt gehört dieser Streifen bis heute für mich zu den bedrückendsten und eindringlichsten Filmen überhaupt. Selten wurden Missstände wie Raubbau, Umweltverschmutzung, Überbevölkerung und der menschliche Egoismus so eindrücklich, so deutlich in Bilder und Worte gefasst, wie in Richard Fleischers Meisterwerk von 1973.

 

Charlton Heston spielte in den ausgehenden 60er Jahren und bis in die Mitte der 70er hinein in einigen der bekanntesten SciFi und Katastrophenfilme jener Ära mit. Dazu gehören Meisterwerke wie Planet der Affen Der Omega Mann, „Erdbeben“, „Airport 75“ und eben Soylent Green. Man hätte für diesen Film tatsächlich keinen besseren Schauspieler als Heston finden können, wie ich meine. Sein bissiger Zynismus, der sich von Planet der Affen über „Der Omega Mann“ bis hin zu „Soylent Green“ zieht, seine innere Verzweiflung gepaart mit Gleichgültigkeit und dem unbedingten Überlebenswillen, all das zeigt zusammen mit der ausgezeichneten physischen Präsenz Hestons ein Bild von einer Welt die jede inneren Werte verloren zu haben scheint.

Die Menschen haben skrupellos ihr Wertvollstes vernichtet: die Erde selbst. In dieser Welt versucht der Polizist Robert Thorn zu überleben. Dabei schreckt er auch vor, wie er es nennt, „Konfiszierungen“ so seltener Dinge wie Lebensmittel oder Seife nicht zurück. In einer Welt, in der sich die Grenzen New Yorks bis nach Philadelphia ausdehnen, in der 2 Äpfel, ein paar Blätter Salat und ein wenig Rettich 270 Dollar kosten, ein Glas Erdbeeren 150 und ein Stück Rindfleisch gar über 800 Dollar, hat Thorn gelernt zu überleben.

 

Dennoch ist er, obwohl auch Produkt seiner Umwelt, ein guter Polizist und absolut kein schlechter Mensch. Er lebt mit dem „Polizeibuch“ Salomon Roth, grandios von Edward G. Robinson gespielt, der die Filmpremiere leider nicht mehr erlebte, zusammen, ein alter Mann, der die gute alte Welt noch erlebt hat und des Lebens überdrüssig ist. Er vermisst die ehemals einfachen aber guten Dinge des Lebens zu sehr, z.B. nicht synthetische Nahrung, die Natur, einen Sonnenaufgang bei klarem Himmel. Es ist einer der bedrückendesten und sehr berührendsten Momente, wenn der alte Mann zu weinen anfängt wie ein Kind, nur weil Thorn ein paar echte Lebensmittel vom Tatort seines aktuellen Falles hat mitgehen lassen.

Die Welt ist in „Soylent Green“ in reich und arm aufgeteilt, die Reputation spielt keine Rolle mehr. Der Megakonzern Soylent ist Nahrungsmittellieferant für die halbe Weltbevölkerung. Die Nahrung wiederum besteht aus Soylent, einem angeblich aus Soja gewonnenen Produkt in mehreren Abstufungen, die sich durch Farben kennzeichnen. So gibt es etwa Soylent gelb, Soylent rot, und das neue und allseits begehrte Solylent Green, dessen Hauptzutat angeblich auf Algenzuchtfarmen angebaut wird.


Ich möchte jetzt nicht weiter auf den Inhalt eingehen, der ist den Nostalgikern unter Euch hinreichend bekannt. Allen anderen soll an dieser Stelle nicht zu viel verraten werden. Gesagt werden darf jedoch, dass es Regisseur Richard Fleischer meines Erachtens gelang, eines der glaubwürdigsten dystopischen Szenarien zu schaffen, die ich je in einem Film gesehen habe. Überall trifft man auf überfüllte Gänge und Straßen, tritt auf oder über  Menschen. Die Kirchen sind mit Bedürftigen vollgestopft, die stundenlang für Wasser und die krackerartigen Soylents anstehen müssen, wenn sie denn überhaupt welche bekommen. Tote Mütter liegen unbeachtet vor Kircheneingängen, das Kind noch am Handgelenk angebunden, damit es in der zur Flut mutierten Menschenmasse nicht verloren geht.

Stets ist ein Gefühl der Bedrohung, der Beklemmung gegenwärtig, so hat Fleischer etwa für eine Szene, in der ein Aufruhr wegen der Verknappung von Soylent Green entsteht, Hunderte Statisten ins Bild gesetzt. Um die Straßen zu räumen werden Schaufelbagger eingesetzt. Wenn Thorn seine kleine Wohnung verlässt, muss er stets über einen Berg von im Treppengang schlafenden verdreckten Armen steigen, während die Etage von einem mit einem M16 Gewehr bewaffneten Wächter beschützt wird. Sehr bedrückend sind auch Bilder wie die, dass Menschen von der Müllabfuhr abgeholt und auf Müllkippen entsorgt werden.

 

Fast schon angewidert verfolgt man Thorn bei seiner täglichen Arbeit, die darin besteht, den Mord an einem Aufsichtsradvorsitzenden des Soylent Konzerns, der in einem der wenigen gut bewachten Edel-Hochhäuser lebte, aufzuklären. Hier werden wir noch eindringlicher darauf hingewiesen, dass Menschen in dieser pervertierten Welt zu einer Ware verkommen sind. Als Thorn die Untersuchungen aufnimmt, sitzt eine schöne junge Frau in der Ecke des Wohnzimmers. Shirl, so ihr Name, gehört zum Inventar, man kann sie zusammen mit der Wohnung mieten. Die Frauen sind dem neuen Mieter auf Gedeih und Verderb wie Sklaven ausgeliefert. Was auf dem ersten Blick des Films vielleicht wie ein Randdetail wirkt, entpuppt sich zum Ende hin als bitterer Teil einer schrecklichen Gewissheit.

„Soylent Green“ ist sowohl handwerklich, als auch technisch und schauspielerisch für mich einer der besten Filme aller Zeiten. Gäbe es zehn Filme, die ich mit auf eine einsame Insel nehmen könnte, dieser würde ganz sicher dazu gehören. Jahr 2022 – die überleben wollen ist eine Anklage an die Menschheit und ihrem Umgang mit Mutter Erde, der auch heute nichts an Aktualität verloren hat. Der Streifen ist aber auche in Apell! Denn etwa 13 Millionen Hektar Naturwald werden jährlich zerstört, die Gletscher in den Polargebieten beginnen zu schmelzen, mittlerweile leben mehr als 7 Milliarden Menschen auf der Erde. All das sollte uns Warnung sein, unseren Lebensraum Erde besser zu schützen. So bin ich der Ansicht, dass gerade Filme wie Soylent Green oder Lautlos im Weltraum heute aktueller, nein, wichtiger als je zuvor sind.

persönliche Bewertung: 6/6