Quelle: DVD Cover und Bildzitate: Universal Home Entertainment
Quelle: DVD Cover und Bildzitate: Universal Home Entertainment

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fahrenheit 451, original: Fahrenheit 451 (1966)

Anglo Enterprises, Vineyard Film Ltd., DVD: Universal Home Entertainment

Produktionsland: Großbritannien, Länge: 109 Minuten

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Darsteller Team
Oskar Werner als Montag Regie: Francois Truffaut
Julie Christie als Clarisse/Montags Ehefrau Produktion: Lewis M. Allen
Cyril Cusak als Der Captain Drehbuch: Jean Louis Richard, F. Truffaut
Anton Diffring als Fabian Kamera: Nicolas Roeg
 Bee Duffel als alte Dame auf dem Bücherstapel  Schnitt: Thom Noble
Alex Scott als „Das Journal des Henry Brulard“ Musik: Bernard Herman

Besprechung:

Inhalt:

Die Zukunft: In einer gleichgeschalteten, auf Genuss und Vergnügen reduzierten, Gesellschaft sind Bücher verboten. Literarische Bildung wird vom Staat als Übel der Menschheit propagiert. Denn wer liest, beginnt nachzudenken und wer denkt, wird unzufrieden und möchte mehr. Wer aber „mehr“ als andere will, stört den Frieden der Gemeinschaft und hat sein Recht auf Freiheit verwirkt. Denunziantentum und Angst vor dem Anderssein bestimmen daher das, oberflächliche, leichte Leben des einfachen Volkes.

 

 

Montag ist einer der Fahrenheit 451-Feuerwehrleute, die den gesetzlichen Auftrag haben, geheime Buchverstecke aufzuspüren. Die gefundenen Werke werden mittels eines Flammenwerfers verbrannt. Sein Leben läuft gut. Er hat ein schönes Haus, eine hübsche Frau und steht kurz vor seiner Beförderung. Eines Tages lernt der Fireman jedoch auf dem Weg zur Arbeit die junge revolutionäre Lehrerin Clarisse kennen. Als sie ihn fragt, ob er jemals ein Buch gelesen hätte, weckt das Neugier ihn ihm. Heimlich beginnt er, Bücher vor der Vernichtung zu retten, um sie nachts zu lesen. Langsam aber sicher keimt in ihm die Erkenntnis auf, dass das geschriebene Wort etwas unendlich Wertvolles ist und bewahrt werden sollte. Doch was soll er tun? Sein ganzes Leben einfach hinter sich lassen? Eines Tages erlebt Montag einen Einsatz, den er nie wieder vergessen wird. Die Grausamkeit des Systems entfacht ein Feuer in ihm, dass heißer brennt als die 451 Grad Fahrenheit, bei denen sich Papier entzündet...

 

Fazit:

Die Bücherverbrennungen während der Reichskristallnacht vom 09.11.1838 bis 10.11.1938, oder im kommunistischen China und der Sowjetunion, scheinen uns heute unendlich weit entfernt. In einer Zeit jedoch, in der unser kulturelles Gedächtnis durch Sprengungen teilweise ausgelöscht wird - in der johlende Schreihälse Flüchtlingsheime anzünden, oder argumentieren, es müsse und solle geholfen werden, doch bitte nicht in der eigenen Stadt – in so einer Zeit gewinnen Filme wie „Die Welle“, 1984 oder Fahrenheit 451 mehr denn je an Bedeutung.

 

Der 1966 entstandene Streifen wurde in seiner Zeit offenbar eher zwiespältig aufgenommen. Regisseur Francois Truffaut wurde vorgeworfen, er hätte sich zu weit vom Roman entfernt, wäre zu unpolitisch und nicht düster genug. Der Autor des Romans, Ray Bradbury, sah das allerdings anders. In einem Interview von 2002 erzählt er (sinngemäß), wie begeistert er von Truffauts Ansinnen war, sein Werk zu verfilmen. Es sei dem Regisseur gelungen, sich weitestgehend von den Science Fiction Elementen zu lösen und sich auf den Kern zu besinnen (Die Story: eine Diskussion mit Autor Ray Bradbury) Dieser Meinung kann ich mich nur anschließen.

 

Wie oben bereits angedeutet, finden sich meines Erachtens durchaus Parallelen zu Michael Radfords Meisterwerk 1984. Beide Streifen besinnen sich in ihrer Darstellung der Zukunft auf Vergangenes und schmücken dies mit einigen eindeutigen Reminiszenzen an das Genre. So sehen wir in Fahrenheit 451 etwa bereits im Jahr 1966 Flachbildfernseher, die gleichzeitig Sender und Empfänger sind. Dieses Konzept kennen wir ähnlich aus der Orwell-Verfilmung. Hier wie da geht es um die Gleichschaltung der Gesellschaft. Werden auf der einen Seite Bücher verbrannt, stehen den Mächtigen auf der anderen "Neusprech" und das Mittel der "Geschichtskorrektur" zur Verfügung. Das Motiv bleibt jedoch immer dasselbe: wer eigenständig denkt, zu viel Fantasie entwickelt und Fragen stellt, ist eine Gefahr. Daher ist es das oberste Ziel der politischen Führung, das zu verhindern.

 

 

 

Genau diese Situation erleben wir derzeit. Es ist müßig alle Länder, alle Gruppierungen aufzuzählen, in denen gefilterte, einseitige „Wahrheiten“ die Massen erzürnen und gleichschalten sollten. Gibt man gewissen Menschen ein Feindbild, fällt dieser perfide Angriff  auf die Freiheit des Geistes umso leichter. Da ist es egal, ob Juden, Christen, Moslems, Flüchtlinge, Kurden, antike Stätten oder Bücher als Mittel zum Zweck herhalten müssen. Es gibt immer genug Menschen, die die Botschaft der Unvernunft erreicht. Damit sind wir bei der Kernaussage des hier besprochenen Films angelangt.

 

Unter diesen Gesichtspunkten wird klar, warum sich Regisseure wie Francois Truffaut in der Wahl ihrer Szenenbilder auf Altbekanntes beschränken. Im Gegenteil wirkt die Wahl ihrer Requisiten sogar rückschrittlich. Statt Bildtelefone (die aufgrund des oben erwähnten „Flachbildfernsehers“ innerhalb der Story durchaus möglich zu sein scheinen) sehen wir Telefone im Stil des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Die „Feuerwehr“ rückt in einem an die 30er Jahre erinnernden Einsatzwagen aus, der kein anderes Equipment als einen Flammenwerfer enthält. Die Uniformen unsere 451-Truppe wirkt auf den Betrachter ebenfalls antiquiert. Anstatt also futuristischen Ideen nachzujagen, erlaubt der Regisseur es dem Zuschauer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

So lenke ich meinen Blick, statt auf phantastische Gimmicks, auf unsere Protagonisten - den Fireman „Montag“ etwa, der kurz vor seiner Beförderung den tieferen Sinn des Lesens erkennt. Erzürnt teilt er seiner abgestumpften Frau mit: „Hinter jedem dieser Bücher steckt ein echter Mensch“. Oder Clarisse, deren Frage an Montag „haben Sie je eines der Bücher, die sie verbrennen, gelesen“, nicht nur in ihm, sondern auch in mir nachhallt, obwohl ich mich eher zu den Viellesern zähle. Und ja, ich kann mir zum Ende des Films eine Träne nicht verkneifen, als ich den „Buchmenschen“ mit Namen „Das Journal des Henry Brulard“ kennenlerne. In all dem Pessimismus (sowohl des Werkes, als auch der heutigen Zeit) zeigt seine bloße Existenz, dass es immer einen Weg gibt, das Gute zu bewahren.

 (sowohl des Werkes, als auch der heutigen Zeit) zeigt seine bloße Existenz, dass es immer einen Weg gibt, das Gute zu bewahren.

 

Abschließend seien noch einige Worte über die fantastischen Hauptdarsteller Oskar Werner und Julie Christie gesagt. Die 1941 in Indien geborene Christie ist in ihrer Doppelrolle als Montags Ehefrau und Widerständlerin Clarisse für mich unübertrefflich. Sie spielt ihre beiden Figuren so akzentuiert, dass die Tatsache kaum auffällt, dass wir hier ein und dieselbe Schauspielerin erleben. Julie Christie erhielt 1966 einen Oscar für ihre Rolle der Diana Scott in „Darling“ und wurde drei weitere Male nominiert. Außerdem erspielte sich sich im selben Jahr den British Academy Award und wurde 1967 für ihre Darbietungen im Alltime Klassiker „Doktor Schiwago“ und Fahrenheit 451 nominiert. 2008 schaffte sie ein Comeback und wurde mit dem Golden Globe für ihre Hauptrolle im Drama „An ihrer Seite“ ausgezeichnet.

Der am 23.10.1984 mit 62 Jahren viel zu früh verstorbene Österreicher Oskar Werner war ein beliebter Theater- und Filmschauspieler. Seine erinnerungswürdigen Auftritte im Spionage Thriller „Entscheidung vor Morgengrauen“ (1951) und „Der Spion, der aus der Kälte kam“ brachte ihm 1966 einen Golden Globe ein.

 

Fahrenheit 451 verfügt also über hervorragende Schauspieler und wurde von einem geradezu legendären Regisseur gedreht, der dem Werk seinen unverwechselbaren französischen Stempel aufdrückte. Hinzu gesellt sich eine nach wie vor brandaktuelle Geschichte, die eine feinfühlige Gesellschaftskritik gegen Fundamentalismus, politischen Aktionismus, aber auch gewisse Tendenzen in den Massenmedien darstellt.

persönliche Bewertung: 5/6