Quelle: DVD Cover und Filmfotos: DEFA-Stifung, Icestorm Entertainment
Quelle: DVD Cover und Filmfotos: DEFA-Stifung, Icestorm Entertainment

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der schweigende Stern (1960)

DEFA-Filmstudios, Progress Filmverleih, Icestorm, gedreht in AGFA-Color, Produktionsland: DDR,

Länge: 90 min

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Darsteller Team
Yoko Tani als Sumiko Ogimura
Regie: Kurt Maetzig
Oldrís Lukes als Hawling Produktion: Hans Mahlich, Edward Zajicek
Günther Simon als Brinkmann
Drehbuch: J. Fethke, W. Kohlhaase, G. Reisch
Ignacy Machowski als Sołtyk G. Rücker, A. Graf Stenbock-Fermor
Julius Ongewe als Talua  
Kamera: Joachim Hasler
Ruth-Maria Kubitschek als Frau Arsenjew Schnitt: Lena Neumann
Tang Hua Ta als Tschen Yü Musik: Andrzej Markowski

Besprechung:

Inhalt:

Im Jahr 1970 finden Wissenschaftler in der Wüste Gobi eine Kapsel mit einem verschlüsselten Datenträger, der nicht entzifferbar ist. Allerdings stellt sich bald heraus, dass er von der Venus stammt. Die besten Wissenschaftler der Welt, darunter der Chinese Tschen Yü, der Amerikaner Hawling und der Russe Arsenjew bitten die Weltregierungen darauf hin, die eigentlich für einen Flug zum Mars gebaute Rakete Kosmokrato I für einen Flug zur Venus klar machen zu dürfen.

Das Vorhaben wird genehmigt und sieben junge Wissenschaftler, die junge Japanerin Sumiko Ogimura und der Deutsche Brinkmann, der Chinese Tschen Yü, der Pole Soltyk, der Russe Arsenjew, der Amerikaner Hawling und der Afrikaner Talua, sind die auserwählte Crew. Auf dem Weg zur Venus haben sie viele Schwierigkeiten zu bestehen, darunter ein Meteroitensturm, doch schließlich erreichen sie den Planeten. Endlich können sie nun auch die vermeintliche Nachricht der Venus-Bewohner entschlüsseln. Es handelt sich um einen Angriffsplan auf die Erde. Können die sieben jungen Wissenschaftler das schlimmste verhindern?...


Fazit:

In der ehemaligen DDR entstand recht schnell eine große Science Fiction Gemeinde, die alles verschlang, was sie in die Finger bekam. Gab es aus den 50er Jahren bereits einige sowjetische Filme wie etwa Der Himmel ruft, schuf die DEFA im Jahr 1960 endlich den ersten von insgesamt vier Filmen und einem TV-Dreiteiler, die zwischen 1960 und 1975 gedreht wurden. Dass diese Filme nun endlich auch als DVD erhältlich und somit dem ehemals westdeutschen SciFi Liebhaber zugänglich geworden sind, ist dem Label Icestorm zu verdanken, das sich hauptsächlich auf die Veröffentlichung von DEFA-Filmen, -serien, und -dokumentationen spezialisiert hat. Auch in der ehemaligen Sowjetunion und in der DDR gab es bekanntlich einige Film- und Serienschätze, die von Icestorm in teils mühevoller Kleinarbeit zusammengetragen wurden und u.a. auch mit interessantem Zusatzmaterial versehen sind.

 

„Der schweigende Stern" war eine Co-Produktion zwischen Polen und der DDR, wobei dies meines Wissens auch der allererste Versuch für Polen war, auf dem SciFi-Sektor filmtechnisch Fuß zu fassen. Viele osteuropäische Science Fiction Filme beruhen auf den Romanen des großen Romanautors Stanislav Lem, so auch dieser. Der 1951 erschienene Roman „Die Astronauten“ gab eine passende Vorlage für den kommunistischen Regisseur Kurz Maetzig ab.

Ob Maetzig, der sich bis dato mehr einen Namen mit Dokumenationen wie „Berlin im Aufbau“, oder der parteifreundlichen Doku „Einheit SPD-KPD“ einen Namen gemacht hatte, die richtige Wahl für so ein Film war, mag dahin gestellt sein, allerdings machte er seine Sache im Nachhinein betrachtet sehr gut.

Wenn man den Film einmal auf das Handwerk reduziert, kann er zwar nicht ganz mit seinen russischen oder amerikanischen Pendants mithalten, auch hat die DEFA seinerzeit sicherlich wesentlich niedrigere Budgets als etwa die amerikanischen Großproduzenten wie Paramount veranschlagt, doch ingesamt ist er recht ansehnlich. Rein technisch gibt es zwar einige Fehler, die durchaus vermeidbar gewesen wären, andererseits entdeckt der geneigte Zuschauer aber auch den ein oder anderen einfallsreichen Trick. Ärgerlich und vermeidbar wären allerdings die stets erkennbaren Fäden, an denen Sicherheitsgurte und Schauspieler hingen, um sie „schwerelos“ erscheinen zu lassen, gewesen. Man hatte damals durchaus die Mittel, derartige Details nachträglich zu bearbeiten.

Die Ausstattung an sich ist allerdings sehr fantasievoll und ideenreich. Der kleine Roboter Omega etwa war ein überaus kreativer Einfall. Auch das Design der ionengetriebenen Kosmokrato I, der Rakete, die unsere Helden zur Venus bringt, ist sehr gelungen und sieht auch für heutige Verhältnisse noch recht ansprechend aus. Die Kulissen, vor allem das Innere des Raumschiffes, erlauben uns, einen kleinen Einblick in die Vorstellungswelt der Zukunftsvisionen der späten 50er Jahre. Solche Beobachtungen sorgen immer wieder für einige Freude.

 

 

Schauspielerisch kann man dem Cast absolut nichts vorwerfen. Die Schauspieler haben sich gut in ihre Rollen eingelebt und agieren für die damalige Zeit glaubwürdig. Vor allem Yoko Tani, Günther Simon und Oldrís Lukes wissen zu überzeugen. Yokos Erklärung, ihre Mutter sei in Hiroshima gestorben und sie selbst deswegen unfruchtbar, ist sicherlich einer der berührendsten Momente im Film. Insgesamt bringt der Streifen dieselben Sorgen und Ängste zum Ausdruck, wie seine sowjetischen und amerikanischen Pendants: die Angst vor einem Atomkrieg überschattete die 50er und 60er Jahre weltweit und der Kalte Krieg ging in seine heiße Phase.

 

Im Gegensatz zu US-Filmen jener Zeit, in denen stets das amerikanische Militär die Situation rettet, geht „Der schweigende Stern“ hier andere Wege. Tatsächlich ist es hier eine internationale Crew, die sich aufmacht, die Welt zu retten. Sie arbeiten mit Wissenschaftlern aus aller Welt zusammen, um den Flug der Kosmokrato I überhaupt erst möglich zu machen. Die Wissenschaft ist es, die an die Regierungen der Welt herantritt, um sie dazu zu veranlassen, die Venus zu rufen und später selbst dorthin zu fliegen. Schön auch, dass die Schauspieler der Crew auch wirklich aus Polen, der DDR, China, Japan und Afrika stammen, was dem Film weitere Glaubwürdigkeit verleiht.

 

Allerdings ist es ein russischer Wissenschaftler, der die Frage, warum denn nicht nur russische Kosmonauten mit der Rakete fliegen würden, da es doch ihre sei, beantwortet: „Die Landung auf der Venus kann nicht die Sache einer einzigen Nation sein. Wir sind nicht nur in der Politik Internationalisten. In einer friedlichen Welt behalten wir unsere Erfolge nicht für uns. Nehmen Sie als Beispiel Luna 3, die sozialistische Mondstation. Sie ist von uns nicht als Militärbasis verwendet worden.“ Derartige politische Statements halten sich erfreulicherweise in Grenzen und fairerweise muss gesagt werden, dass US-Filme mit ähnlichen Plattitüden aufwarten und darüber hinaus noch wesentlich militaristischer sind. Alles in allem sind solche Anspielungen also selten und verschmerzbar. Dafür wartet die Geschichte mit guten Abenteueranteilen auf und dürfte vor allem auch für Kinder ein durchaus spannendes Abenteuer bieten. Des weiteren muss man einfach lobend anerkennen, dass die DEFA den Mut hatte, gute SciFi Stories als Filme zu adaptieren, während wir in der BRD mit Heinz Erhardt und Peter Krauss Filmen beglückt wurden. Ein neuer Edgar Wallace Film war zu dieser Zeit das Höchstmaß an Spannung, welches man als deutscher Kinogänger vom deutschen Film erwarten durfte.

 

Alles in allem ist Der schweigende Stern für Nostalgiker sicherlich interessanter, als für den jüngeren Zuschauer.  Doch er ist, allein schon aufgrund seines Backgrounds kein typischer SciFi Film der End-50er. Der Blickwinkel der  sozialistisch geprägten DDR ist zwar jederzeit spürbar, doch macht für mich genau das den Reiz jener Filme aus. Außerdem hat (gesamt-) deutsche SciFi bei mir sowieso einen kleinen Sympathiebonus, so dass ich Euch den Titel wärmstens ans Herz lege.

persönliche Bewertung: 4/6